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Sport: WM-Qualifikationsspiel: Weder Zwerg noch Prinz

Es ist laut in der Hotellobby. Vielleicht liegt es daran, dass die Gesellschaft ausschließlich aus Männern besteht: Abends um zwanzig nach neun sind die albanischen Fußballnationalspieler vom Training gekommen, in der Lobby warten ihre Landsleute, gleich gibt es Abendessen, danach, sagt Altin Rraklli, habe er Zeit.

Es ist laut in der Hotellobby. Vielleicht liegt es daran, dass die Gesellschaft ausschließlich aus Männern besteht: Abends um zwanzig nach neun sind die albanischen Fußballnationalspieler vom Training gekommen, in der Lobby warten ihre Landsleute, gleich gibt es Abendessen, danach, sagt Altin Rraklli, habe er Zeit.

Es ist die Zeit, zu der deutsche Fußballtrainer schon mal die Telefonnummern ihrer Spieler wählen, um zu kontrollieren, ob sie die Bettruhe einhalten. Altin Rraklli sagt, dass der lockere Eindruck täuscht: "Innendrin sind wir konzentriert." Seit 1992 arbeitet Rraklli in Deutschland, zuerst war er beim SC Freiburg, dann bei Hertha BSC; seit 1997 spielt er bei der SpVgg Unterhaching. Rraklli ist in dieser Zeit selbst ein bisschen deutsch geworden - "ohne meinen Willen". Wenn er sagt, er komme in fünf Minuten, dann kommt er in fünf Minuten. Bei einem Albaner können fünf Minuten schon mal eine Viertelstunde dauern. Wenn Rraklli aber mit der Nationalmannschaft zusammen ist, "versuche ich, ein richtiger Albaner zu sein".

Er war der erste Albaner im deutschen Fußball. Er war, wie er sagt, auch der erste Spieler, "der in ein Spitzenfußballland gewechselt ist". In seiner Heimat galt er fortan als Held. Inzwischen spielt Igli Tare bei Brescia in Italien, Besnik Hasi beim RSC Anderlecht, Edvin Murati in Lille, Rudi Vata, der Kapitän, bei Energie Cottbus. Doch Rraklli symbolisiert mit seinem Lebensweg den Wandel im albanischen Fußball.

Die Zeiten, da Fußballzwerg ein Synonym für Albanien war, sind vorbei; inzwischen kann die Nationalmannschaft mithalten. "Talentierte Spieler haben wir immer gehabt", sagt Rraklli. Aber in Zeiten des albanischen Kommunismus hatten diese Talente nur selten die Möglichkeit, sich international zu messen und entsprechend zu entwickeln. "Bei uns hat 40 Jahre lang die Professionalität gefehlt", sagt Rraklli. Diese Professionalität gibt es jetzt - im Ausland. Selbst den Deutschen ist dies nicht verborgen geblieben. "Albanien ist nicht Moldawien", sagt Teamchef Rudi Völler. Für Bundestrainer Michael Skibbe sind die Albaner "taktisch viel besser als andere kleine Länder".

Irgendwann einmal wollen die Albaner auch das große Deutschland schlagen. Vielleicht bereits heute in Leverkusen. "Mit einem Unentschieden sind wir schon zufrieden", sagt Rraklli. Die Albaner wollen in ihrer Qualifikationsgruppe Platz drei hinter Deutschen und Engländern belegen. "Das wäre der größte Erfolg aller Zeiten."

Als Zehnjähriger hat er 1981 in Tirana das WM-Qualifikationsspiel der Deutschen gegen Albanien gesehen. Er war Balljunge, die Deutschen gewannen 2:0; ein halbes Jahr später verlor Albanien in Dortmund 0:8. 1983 trafen beide Länder zweimal aufeinander, dann erst wieder 1994. Vielleicht auch deshalb galt Rraklli in Freiburg 1992 zunächst als Exot. "Der kleine Prinz von Freiburg", hat die "Süddeutsche Zeitung" einmal geschrieben. Es war eine zu schöne Geschichte. Wahlweise ein albanischer Student oder Asylbewerber hatte Freiburgs Trainer Finke von einem Bekannten erzählt, den er zum Probetraining einladen müsse. Rraklli durfte bleiben. Sein alter Verein erhielt zwei Busse mit Fußballtrikots. Und 200 000 Mark. Das mit dem Geld wurde in den Berichten oft weggelassen. Rraklli sagt, dass ihn das "überhaupt nicht gestört" habe. "Damals konnte ich Gott sei Dank noch nicht so gut Deutsch."

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