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Sport: Wo ist Österreich?

Die Skispringer des Nachbarlands sind noch schlechter als die Deutschen – das Interesse der Fans sinkt

Innsbruck - Angriff ist die beste Verteidigung, mag sich der deutsche Skisprung-Bundestrainer gedacht haben und konterte in Garmisch-Partenkirchen die Kritik an seinen Springer mit einem Spruch. „Wo ist eigentlich Österreich?“, fragte Peter Rohwein und erntete Gelächter unter seinen Landsleuten. Prompt konfrontierte ein deutscher Journalist den österreichischen Sportdirektor Toni Innauer mit diesem kleinen Seitenhieb. Er hoffte, einen öffentlichkeitswirksamen Streit zwischen beiden Nationen entfachen zu können. Innauer aber sagte: „Peter Rohwein hat Recht.“

Es gibt in diesem Jahr keine deutschösterreichische Rivalität bei der Vierschanzentournee. „Die deutschen und die österreichischen Springer sind zu schlecht“, sagt Dietmar Hemerka. Der Präsident der 54. Vierschanzentournee wird das beim heutigen dritten Springen in Innsbruck (13 Uhr 45, live in RTL) an den Kassen zu spüren bekommen. Nur 10 000 Zuschauer werden heute im Bergisel-Stadion erwartet. Im letzten Jahr waren es noch 18 000, aber auch diese Zahl hatten die Veranstalter bereits als Rückgang verbuchen müssen. Nun ist auch noch der polnische Skispringer Adam Malysz vorzeitig abgereist. „Das ist auch schlecht, im letzten Jahr waren noch 3000 Polen hier“, sagt Hemerka. Früher waren die deutschen Fans in der Überzahl, doch das ist seit dem Rücktritt von Sven Hannawald vorbei. Und nun hüpfen auch noch die Österreicher hinterher.

Im Moment droht dem Team des österreichischen Cheftrainers Alexander Pointner das schlechteste Abschneiden seit 1984. Andreas Kofler liegt als bester Österreicher auf Rang zehn der Gesamtwertung, vier Plätze hinter dem besten Deutschen, Michael Uhrmann. „Katerstimmung statt Sektbad“ titelte die „Tiroler Tageszeitung“, und „Die Presse“ konnte sich auch über das neue Aussehen von Andreas Widhölzl nicht begeistern. Dieser hatte sich in der Neujahrsnacht seinen Ziegenbart abrasiert. „Auch frisch rasiert sah der 29-Jährige alt aus“, schrieb die österreichische Zeitung. Pointner rätselt noch mehr als sein deutscher Kollege über das Los seiner Mannschaft. „Wir arbeiten sehr gut, aber diese Saison ist für uns gegenwärtig wie verhext.“ Nachdem sich Thomas Morgenstern in Oberstdorf nicht für das Finale der besten 30 hatte qualifizieren können, ereilte in Garmisch- Partenkirchen den bartfreien Widhölzl das gleiche Schicksal. Das Sicherheitsband der Bindung hatte sich in der Anlaufspur mit dem Sprungband verhakt. Die Folge war eine zu enge Einstellung des rechten Sprungskis. „Das ist mir noch nie passiert“, sagte Widhölzl, „links hatte ich einen Sprungski, rechts einen Alpinski.“

Womöglich ist aber nicht nur die fehlende sportliche Rivalität der Grund dafür, warum der österreichische Sportdirektor den verbalen Fehdehandschuh von Peter Rohwein nicht aufgenommen hat. Bei der Vierschanzentournee hält sich das Gerücht, dass Innauer ein Angebot des Deutschen Skiverbandes vorliegen hätte. Der Österreicher sagte den „Salzburger Nachrichten“: „Es ist richtig, dass es für mich interessante berufliche Optionen gibt.“ Doch der deutsche Sportdirektor Thomas Pfüller sagt: „Von mir hat er kein Angebot.“ Der Wechsel eines hochrangigen Sportfunktionärs hätte die einstige Rivalität zwischen den beiden Verbänden etwas anheizen können. Doch es ist offenbar nicht die Zeit für deutsch-österreichische Streitigkeiten.

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