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Der Durchbruch? Anton Hysén könnte mit seinem Outing für viele sprechen. Foto: imago

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Fußballer-Outing: Wo sind die anderen?

Der schwedische Profi Anton Hysén löst mit seinem Outing in ganz Europa Diskussionen über Homosexualität im Fußball aus. Nun fürchtet er um seine Karriere.

Das Coming Out des schwedischen Profikickers Anton Hysén gilt als kleine Revolution im Männerfußball. Gerade deshalb wirft es auch im offiziell so emanzipierten Schweden viele Fragen über sonderbare Werthaltungen in der Fußballbranche auf. Hysén indes fürchtet nun offen um seine Karriere.

Dass Bürgermeister und Minister schwul sind, ist kaum noch eine Nachricht wert. Und das ist wohl gut so. Ganz anders ist das anscheinend im Fußball. Seit der Profikicker Anton Hysén im Fußballmagazin „Offside“ bekannte: „Ich bin Fußballer, und ich bin schwul“, regnet es internationalen Applaus für den mutigen Mittelfeldspieler aus Schweden. Selbst die BBC reiste für ein Interview zu seinem Verein nach Göteborg. Schließlich schreibe Hysén Emanzipationsgeschichte im wichtigsten Volkssport Europas. Vor Anton Hysén outete bislang nur der Engländer Justin Fashanu während seiner aktiven Laufbahn und beging später Selbstmord. Der Suizid stand aber nicht in engem Zusammenhang mit seinem Outing.

In Schweden galt der 20-jährige Hysén bislang zwar als talentierter, aber nicht als besonders bekannter Fußballer. Wegen Verletzungen verlor er einen Vertrag beim Göteborger Erstligisten Häcken. Nun trainiert er bis zu seiner Genesung beim Viertligisten Utsiktens BK, wo sein Vater auch sein Trainer ist.

Hysén kommt aus einer der bekanntesten schwedischen Fußballerfamilien überhaupt. Sein Bruder Tobias Hysén spielt in der Nationalmannschaft des Königreichs. Vater Glenn Hysén ist Sportkommentator und war einst Mannschaftskapitän beim FC Liverpool. Zudem setzte er, offenbar auch von der sexuellen Neigung seines Sohnes inspiriert, bei der Schwulenparade „Pride“ in Stockholm vor einigen Jahren bereits öffentlich für die schwierige Stellung Schwuler im Fußball ein. „Es ist nicht leicht für einen 16-jährigen, seinen Mitspielern zu vermitteln, dass er schwul ist“, sagte der Vater damals. Anscheinend war das auf seinen Sohn gemünzt.

Dass aus Hyséns Outing ein Riesenspektakel in Schweden und Europas gemacht wurde, hat aber nichts mit seiner bekannten Familie zu tun, sondern eher mit dem Schreck im emanzipierten Lande darüber, dass es im Volkssport Nummer Eins eine große Geheimniskrämerei gibt. Hysén warf im Interview die wichtigste Frage auf: „Wo zum Teufel sind die anderen?“

In der schwedischen Bevölkerung sind geschätzt zehn Prozent homosexuell orientiert. Wenn ein Fußballteam elf Mitglieder hat, müsste statistisch gesehen mindestens einer von ihnen schwul sein. Doch wo sind die anderen? Ist Hysén der Einzige? Wohl kaum. Das Gleiche gilt aber im Übrigen zum Beispiel für die deutsche Bundesliga. Auch dort dürfte es schwule Profis geben. Geoutet hat sich noch keiner.

Haben schwule Angst vor der Ablehnung und dem Spott der Fans und Kollegen? Und weil Sponsoren abspringen könnten? Das sind die Fragen, die sich Schwedens Sportreporter stellen. Einig sind sich offiziell alle im emanzipierten Schweden darin, dass Hysén ein Held ist. Einschließlich dem nationalen Fußballverband. Der hat sonst mit Hooligans und Schlägereien am Rande von Spielen zu kämpfen. Nun beweise, so der Verband, der junge Spieler mit seinem Outing, dass die Fußballwelt eben nicht so schlecht sei wie ihr Ruf. Auch hier gehe es voran.

Andere wie Henrik Dorsin, der zur Zeit wohl beliebteste schwedische Polit-Komiker und Bruder des Fußballprofis Mikael Dorsin, kommentierte stattdessen im schwedischen Fernsehsender SVT: „In Schweden ist Schwulenhass staatlich verboten, aber unter der Sichtblende ist es hier genauso schlimm wie anderswo“.

Erholt sich Hysén von seinen Verletzungen, trauen ihm viele eine steile Karriere im schwedischen Fußball zu. Diese könnte nun im Keim erstickt werden, befürchtet der junge Mittelfeldspieler: „Es gibt Leute die einfach nicht mit Homosexuellen können. Wenn ein anderer Klub an mir interessiert ist, der Trainer aber komisch ist und mitbekommt, dass ich schwul bin, war es das für mich“, sagte er.

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