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Schmerzlicher Ausfall. Andrea Henkel kann in Oberhof nicht starten. Foto: dpa

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Sport: Wo sind die starken Frauen? Im Biathlon tut sich ein Nachwuchsproblem auf

Oberhof/Berlin - Gerald Hönig ist mächtig am Schnaufen, als er über den Status quo im deutschen Frauenbiathlon spricht. Einerseits, weil der Chefcoach der DSV-Frauen gerade auf seinem Fahrradergometer in seinem Oberhofer Haus strampelt.

Oberhof/Berlin - Gerald Hönig ist mächtig am Schnaufen, als er über den Status quo im deutschen Frauenbiathlon spricht. Einerseits, weil der Chefcoach der DSV-Frauen gerade auf seinem Fahrradergometer in seinem Oberhofer Haus strampelt. So spricht Hönig vor dem ersten der beiden großen Heim-Weltcups in diesem Jahr radelnd über die Wetterlage in Oberhof („Plusgrade, Dauerregen, ein echtes Sauwetter“), den im Thüringer Wald angekündigten Wind und Nebel und das zu erwartende „tiefe, weiche Geläuf“.

Andererseits schnauft Hönig aber auch, weil die Lage im erfolgsverwöhnten deutschen Frauenbiathlon einigermaßen vertrackt ist. Zu den naturgegebenen Widrigkeiten gesellt sich für Hönig nämlich noch ein weiteres Problem. Andrea Henkel muss ihren geplanten Start im Staffelrennen am Donnerstag (17.10 Uhr/ZDF live) wegen eines leichten grippalen Infekts absagen. Der Ausfall schmerzt: Die 35-Jährige ist neben der 22-jährigen Miriam Gössner die einzige zuverlässige Kraft im bisherigen Winter. „Dadurch stellt sich unsere Staffel von selber auf“, sagt Hönig geknickt. Schließlich lautete seine zentrale Erkenntnis aus den ersten drei Weltcups im Dezember: „Hinter Henkel und Gössner haben wir wirklich ein Loch.“

Aus diesem Loch hatten er und Trainerkollege Ricco Groß bereits Konsequenzen gezogen und bewusst einen der sechs Startplätze, die den DSV-Frauen in Oberhof zustehen, frei gelassen. „Dass wir nur mit fünf Frauen antreten, ist schon nicht so üblich“, sagte Andrea Henkel bereits vor ihrer krankheitsbedingten Absage. Und Gerald Hönig ergänzt nun: „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir das von vornherein jemals so hatten. Das gab es höchstens, wenn wir unterwegs waren und eine unserer Athletinnen krankheitsbedingt ausgefallen ist.“

Diesmal dagegen ist die Lücke im Aufgebot leistungsbedingt. „Die aktuelle Situation im deutschen Damen-Biathlon ist einfach so: Neben den Fünf, die wir hier an den Start bringen, hat sich keine massiv aufgedrängt“, sagt Hönig. Stattdessen sei es sogar so, dass im Deutschland-Pokal, wo sich die zweite Reihe regelmäßig beweisen kann, Biathlon-Neuling Evi Sachenbacher-Stehle den Ton angibt.

Die hohen Erwartungen und den entsprechenden Druck bei den zwei Heim- Weltcups in Oberhof und in der kommenden Woche in Ruhpolding wollen die DSV-Trainer der früheren Langläuferin trotzdem ersparen. „Das sind nicht die richtigen Weltcups für sie, um weiter zu lernen“, sagt Hönig und betont: „Ihren Namen haben wir schon noch in unseren Notizbüchern, und auch dick unterstrichen.“

Eine Reihe von Kandidatinnen, die bereits länger in der Warteschleife hängen, strapaziert Hönigs Geduldsfaden dagegen konsequent. Biathletinnen wie Carolin Hennecke (26), Maren Hammerschmidt (23) oder Juliane Döll (26), die ihre Chancen in den Dezember-Weltcups verstreichen ließen. „Dort ist nicht das gekommen, was nötig ist, um dem Ruf einer deutschen Biathlon-Damen-Nationalmannschaft gerecht zu werden“, sagt der Bundestrainer enttäuscht.

In Oberhof werden nun Miriam Gössner, Tina Bachmann, Nadine Horchler, und Franziska Hildebrandt ihr Staffelglück versuchen. Wobei den Trainern beim Blick auf die dünne Personaldecke vor allem Bachmann Sorgen macht. Die 26-Jährige war neben Gössner, Henkel und der im Frühjahr zurückgetretenen Magdalena Neuner immerhin Mitglied der beiden Weltmeisterstaffeln von 2011 und 2012. Doch sie mache sich oft sehr viel Druck, erklärt Hönig, betont aber auch: „Sie ist eine der Baustellen, die wir noch haben. Doch daran arbeiten wir, um mit ihr die dritte feste Größe in der Mannschaft zu haben.“ Andreas Morbach

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