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Sport: Woher nehmen?

Lauterns Trainer Gerets will elf Neue aufbieten – und stößt nicht nur an finanzielle Grenzen

Kaiserslautern. Die Gewitterwolken stehen turmhoch über dem Betzenberg. Es wird bald so richtig rumpeln in der Pfalz. Sie haben beim Tabellenvorletzten in Kaiserslautern alles probiert: streicheln, kritisieren, Trainingslager und Personalkarussell. „Zum ersten Mal, seitdem ich hier Trainer bin, habe ich eine Mannschaft ohne Seele gesehen“, sagte nun Trainer Erik Gerets nach dem 0:1 gegen Hannover 96. Sieben Punkte Rückstand auf den rettenden Rang 15, das riecht nach Abstieg.

In den schweren Momenten ist Gerets bewusst geworden, dass es nicht mehr ohne Ärger geht. Nun ist seine harte Hand gefragt. Als habe er einen Kader voller Schwererziehbarer vor sich, seufzte er: „Es gibt Spieler, die dem Druck nicht standhalten können. Wenn sie es bisher nicht gewusst haben, worum es geht, müssten sie es jetzt wissen.“ Gerets wird aufräumen müssen. Schnell und bald. Seine Spieler müssten einmal über Leichen gehen, hatte er gefordert. Zu brav, zu lieb, zu konfus seien sie. „Wir haben in 45 Minuten alles weggeworfen, was wir uns aufgebaut hatten“, sagte er. Er wird die Enttäuschung weitergeben. Ein paar wird er auf die Tribüne verbannen, anderen sagen, dass sie gehen können.

Für das Nachholspiel am Mittwoch gegen den VfL Bochum kündigte Trainer Gerets an: „Es werden elf andere Spieler auf dem Platz stehen, solche, die Seele zeigen.“ Woher er sie nehmen will, sagte er nicht. Es ist kein Geld da, und es droht der Abstieg. Angesichts des Finanzdesasters und fast 30 Millionen Euro Schulden würde Kaiserslautern kaum eine Lizenz für den Profifußball bekommen.

Im Lauterer Team zeichnen sich erste Risse ab, und der Zoff wird sich verstärken, wenn Gerets auf die Schuldigen mit dem Finger zeigt. Mario Basler fing mit dem Gezänk an. Der Trainer habe doch Recht, wenn er sage, es müsse aussortiert werden, wer nicht mitziehe. „Der Idrissou von Hannover gewinnt jeden Kopfball. Davon können sich unsere Stürmer eine Scheibe abschneiden. Ich habe mir wochenlang anhören müssen, es kämen keine Flanken. Da darf ich auch mal was sagen“, sagte Basler. Dass er selbst weit hinter den Ansprüchen zurückblieb, sagte er nicht.

Egal, was Gerets an personellen Umstellungen probierte, besser wurde es nicht. Ciriaco Sforza blieb als Abwehrchef und als Lenker im Mittelfeld eine herbe Enttäuschung, Basler zu langsam, Spielmacher Lincoln ohne Wirkung, Thomas Hengen ein Schatten seiner selbst. Und im Sturm wurde Nationalspieler Miroslav Klose vom Strudel der Verunsicherung mit ins schwarze Loch gezogen. Dass es vor allem Schlüsselspieler sind, die nicht funktionieren, schränkt den Handlungsspielraum von Gerets extrem ein.

„Er hätte vier, fünf Wochen an Vorbereitung gebraucht, die hatte er nicht", sagt Torhüter Georg Koch. Im Hinblick auf die nahe Zukunft fügte er hinzu: „Wir müssen uns auf Biegen oder Brechen in die Winterpause retten.“ Gerets büßt nun für die planlose Einkaufspolitik seiner Vorgänger. „Hier haben sie Spieler gekauft und sich dann ein System überlegt, normal macht man das anders herum.“ Und Basler gab aus, was sich nach letzter Losung anhörte: „Wir müssen am Mittwoch gewinnen, egal, was wir für eine Scheiße spielen.“ Wer so weit unten steht, stellt keine hohen Ansprüche. Schon gar nicht an sich selbst.

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