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Felix Zwayer ist einer von drei Schiedsrichtern in der Bundesliga, die aus Berlin kommen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Manuel Gräfe und Daniel Siebert leitet er Workshops mit Trainern aus den Amateurligen

© ARC

Workshop des Berliner Fußball-Verbands: Verständnis mit Fassbrause

Berliner Amateurtrainer treffen sich mit Bundesliga-Schiedsrichtern. Es ist eine Regelschulung, eigentlich aber geht es um ein größeres gegenseitiges Verständnis. Ein Ortstermin.

Ein Bundesligatrainer, seine Mannschaft liegt zurück, die dritte Minute der Nachspielzeit ist angebrochen. Mit hochrotem Kopf stapft er an der Seitenlinie entlang, brüllt etwas Unverständliches in Richtung des Vierten Offiziellen. Stopp. Das Video wird angehalten. "Das ist eine absolute Katastrophe", sagt Felix Zwayer. Der Fifa-Schiedsrichter aus Berlin wiederholt diesen Satz mehrfach, sagt dann: "Wir werden und müssen gegen so etwas vorgehen. Das darf niemandem passieren."

Es ist Montagabend, Halensee, Haus des Fußballs. Der Berliner Fußball-Verband hat geladen: Trainer von Regionalliga- und Oberligavereinen, aus der Berlin- und der Landesliga. Geleitet wird die Veranstaltung von Manuel Gräfe, Daniel Siebert und Felix Zwayer, den drei Berliner Schiedsrichtern, die in der Ersten Liga pfeifen. Eine Regelschulung soll es sein, eigentlich aber geht es um gegenseitiges "Fairständnis". Diese Vokabel steht im Untertitel des Workshops. Fairständnis für Entscheidungen der Schiedsrichter von Trainerseite, Fairständnis für Kritik der Trainer an den Schiedsrichtern.

Es ist ein Pilotprojekt , das sich der Berliner Fußball-Verband da ausgedacht hat. Bisher fanden ähnliche Lehrgänge nur für Trainer der Bundesligen statt, für Journalisten und vereinzelt in Vereinen. Vorgänge aus der vergangenen Saison haben die Idee vorangetrieben. Da wurden in den verschiedenen Berliner Ligen acht Spiele bereits nach wenigen Spieltagen abgebrochen. Ehrenamtlich arbeitende Schiedsrichter wurden beschimpft, bedroht und geschlagen. Als Konsequenz daraus wurden daraufhin an einem Wochenende sämtliche Pflichtspiele für fünf Minuten unterbrochen. Seither bemüht sich der Verband vermehrt, das Verhältnis zu verbessern. Daher auch der Workshop, vier davon wird es insgesamt geben.

Gut ein dutzend Trainer sind gekommen, vom BFC Dynamo, TuS Makkabi oder Türkiyemspor. Eingeladen aber waren 60. "Das ist schade", sagt Manuel Gräfe, "und zeigt, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben". Neben den Trainern sind noch einige Verbandsvertreter da, keine Frau sitzt im Raum 201. Es gibt Fassbrause und Kaffee aus Thermoskannen.

Felix Zwayer beginnt den Workshop mit ein paar einführenden Power-Point-Folien, "Schiedsrichter sind auch Menschen", steht da geschrieben. Dann sagt er, dass Konflikte zwischen Trainern und Schiedsrichtern im Amateurfußball verhindert werden müssen. 32 Videoschnipsel sind vorbereitet, Fouls, Handspiele, meist strittige Entscheidungen aus den Bundesligen.

Nach 80 Minuten läuft erst die dritte Sequenz, am Ende, nach guten zwei Stunden, sind es acht. "Fußball hat eine Vorbildfunktion", sagt Gräfe, während Daniel Siebert den nächsten Ausschnitt am Computer heraussucht. "Und Trainer haben eine ganz besondere: Wenn sie unruhig an der Seite sind, aggressiv, dann überträgt sich das auf den Platz, besonders auf junge Spieler." Allgemeines Nicken. Verständnis.

Eine Strafraumszene wird gezeigt. Bremen gegen Gladbach, Marko Marin kommt zu Fall. Die Trainer diskutieren, ob er einen Elfmeter bekommen müsste. Einer schmunzelt und sagt, da der Schiri nicht gepfiffen habe, sei es eben auch kein Foul. Gelächter im Raum. Wäre der Umgang mit den Schiedsrichtern auf dem Platz so harmonisch, wie an diesem Abend in Charlottenburg – der Workshop müsste nicht stattfinden.

Gräfe erzählt davon, dass es früher, als er noch in unteren Spielklassen pfiff, üblich war, im Anschluss mit Vereinsoberen bei einem Bier die Spiele zu besprechen. "Einfach auch, um sich besser kennenzulernen." Erneute Zustimmung. Am Ende sind sich die Anwesenden einig darüber, dass mit den Schiedsrichtern mehr kommuniziert werden muss. Und so sitzen die Stars der Schiedsrichter-Szene im Haus des Fußballs, werben für ein faires Mit- und Untereinander und dafür, dass diese Botschaft in die Vereine weitergetragen wird. Die aber, mit denen kommuniziert werden sollte, Schiedsrichter, die in ihrer Freizeit an Wochenenden in den Amateurligen auf dem Platz stehen, an denen teilweise Gewalt verübt wurde – die sind nicht da.

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