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Schlammschlacht. Moor-Schnorcheln als Event.  

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World Alternative Games in Wales: Das andere Olympia: Mit Bibelwettlesen und Rennen gegen Pferde

Im 600-Seelen-Nest Llanwrtyd Wells schnorcheln Menschen 16 Tage lang im Moor und werfen mit Erbsen. Es geht um den Spaß. Und um viel Bier.

In einem Pub fing alles an. Zwei Touristen unterhielten sich, ein aufmerksamer Mann hörte ihnen zu: Und geboren war der Mensch-gegen-Pferd-Marathon. Das war in den 1980er Jahren. Seither rennen Männer, Frauen und Pferde jedes Jahr über Stock und Stein – mitten in Wales, 35 Kilometer lang. Welcher Repräsentant als Erster ins Ziel kommt, gewinnt für seine Gruppe. Das Rennen wurde auch dieses Jahr ausgetragen – allerdings in einem größeren Kontext. Es bildete den Auftakt für die am Freitag beginnenden „World Alternative Games“.

300 Kilometer westlich von Londons Olympia-Schauplätzen liegt Llanwrtyd Wells, ein 600-Seelen-Dorf und Austragungsort eben jener alternativen Spiele.

Der alternative Pierre de Coubertin heißt Gordon Green. Er hatte die Idee, kurz nachdem London den Zuschlag zur Olympia-Ausrichtung erhalten hatte. Zudem ist Green Teil des Organisationsteams der Spiele in Wales und war der aufmerksame Mann in den 80er Jahren im Pub. „Die banale Veranstaltung ‚Olympische Spiele’ durfte nicht das einzige Event 2012 auf der Insel sein. Ich habe mit der lokalen Regierung gesprochen und für die Finanzierung gesorgt“, sagt Green.

Er erwartet Teilnehmer und Zuschauer aus aller Welt, „mehrere Tausend werden anreisen“. Die werden mit Erbsen weit werfen und sich um den Titel als schnellste Bibel-Vorleser streiten. Das Dorf ist bekannt dafür, skurrile Wettkämpfe auszutragen, der Lauf gegen die Pferde ist nur einer davon. So finden auch die Weltmeisterschaften im Moor-Schnorcheln in Llanwrtyd Wells statt. Dieses Jahr eingebettet in den Zeitplan der Alternative Games, neben 34 weiteren Disziplinen.

Wie die Inspiration Olympia sind auch die walisischen Wettkämpfe auf 16 Tage verteilt. Und wie in London startet alles mit der großen Eröffnungsfeier – wenngleich Llanwrtyd Wells seine eigene Duftmarke setzt: Anstelle des olympischen Feuers wird ein Topf mit Schwefelwasser durch das Dorf getragen und abschließend in einen Brunnen gekippt. Schwefel deshalb, da der kleine Ort einst als Kurort regionale Berühmtheit erlangte. Tradition wird in Wales großgeschrieben.

Dabei werden je nach Disziplin Startgelder verlangt. Meist bewegen sich diese im einstelligen Pfund-Bereich, über das Internet kann sich jeder Interessierte registrieren – und gleichzeitig ein Zelt buchen. Für fünf Pfund pro Nacht können sich Fans und Athleten einen Schlafplatz sichern. Und so sehr die Organisatoren auch betonen, dass die Spiele wenig mit den Olympischen Spielen gemeinsam haben, um Geld geht es auch hier: 300 000 Pfund sollen für die regionale Wirtschaft herausspringen. Vorsichtshalber wurde direkt ausgerufen, die Spiele im Zwei-Jahres-Rhytmus abzuhalten. „Wir werden finanziell durch die Region unterstützt, da ist es doch schön, wenn es etwas zurückgibt“, sagt Organisator Green.

Auf Gold, Silber und Bronze wird zwar nicht verzichtet, dennoch soll jeder Teilnehmer mit Medaillen geehrt werden. Der Spaß steht im Vordergrund. Dopingkontrollen wird es also ebenso wenig geben wie Auseinandersetzungen um Medaillenvorgaben im Anschluss an die Spiele.

Mit besonderer Aufmerksamkeit dürfte das „Wife Carrying“ verfolgt werden, vielleicht der Höhepunkt der Alternative Games. Im späten 19. Jahrhundert in Finnland erfunden, werden Männer ihre Liebsten über die Schulter legen und 255 Meter weit über einen Parcours transportieren, verheiratet sein muss man aber nicht. „Als Stargast erwarten wir den mehrfachen Champion im Frauentragen aus den USA", sagt Gordon Green. Das Siegerpaar erhält in dieser Disziplin eine ganz besondere Anerkennung: das Gewicht der Ehefrau, umgerechnet in Liter, ausgezahlt in Bier.

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