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Augen zu und drauf. Wenn Marco Huck (links) am Samstag in der Max-Schmeling-Halle auf Weltmeister Alexandr Usyk aus der Ukraine trifft, ist der Berliner Außenseiter.

© AFP

World Boxing Super Series: Alles auf Hucker

Die World Boxing Super Series ist die letzte Chance für Marco Huck. Am Samstag boxt er in Berlin gegen den Ukrainer Aleksandr Usyk.

Wenn es nach Marco Huck ginge, wäre alles wie früher. Als er noch ein Champion im Boxring war, der sich wilde Schlachten lieferte und dem viele Menschen dabei zusahen, weil eigentlich immer was passierte. Doch Champion ist Huck seit zwei Jahren nicht mehr, seit er seinen WM-Titel nach WBO-Version in Newark (New Jersey) an den Polen Krzysztof Glowaki verlor. Es war sein erster Kampf in Eigenregie. Wie die Klitschkos vor ihm, hatte Huck seine Karriere in die eigenen Fäuste genommen, sich von seinem Box-Stall Sauerland Event getrennt und damit auch seinen Trainer Ulli Wegner verloren. Der inzwischen 75-Jährige hatte „Hucker“, wie er ihn liebevoll nannte, zehn Jahre lang trainiert und gleichwohl durchs Leben gelenkt. Die Selbstständigkeit ist Huck bisher nicht so richtig bekommen, erst in diesem April unterlag er in der Dortmunder Westfalenhalle dem Letten Mairis Briedis.

Doch jetzt soll noch einmal alles so wie früher werden. Und das bei einer 50 Millionen Dollar schweren Boxserie, der World Boxing Super Series (WBSS). In der Max-Schmeling-Halle boxt Huck am Samstag (23 Uhr/Sat 1, live) gegen Aleksandr Usyk aus der Ukraine. Usyk ist seit 2016 WBO-Weltmeister, er gilt derzeit als der Beste im Cruisergewicht, der Gewichtsklasse zwischen Halbschwer- und Schwergewicht.

In gewisser Weise geht es dem Profiboxen nicht viel anders als Marco Huck. Irgendwie scheinen die großen Tage vorbei zu sein. Selbst interessante Titelkämpfe in den USA sind derzeit keine Selbstläufer mehr. Kundschaft, die selbst für Fernsehbilder extra zu bezahlen hat, muss zurückgewonnen werden. Andere Kampfsportarten und –Formate wie etwa die Ultimate Fighting Championship sind im Aufwind, wie das gigantische Interesse vor wenigen Tagen an dem Klamauk-Kampf zwischen dem Boxer Floyd Mayweather und dem Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Conor McGregor zeigte. Gerade der deutsche Boxmarkt, neben England der wichtigste in Europa, ist ins Taumeln geraten. Huck ist nicht der einzige Boxer, der in die Jahre gekommen und seinen Titel losgeworden ist. Es fehlen Typen, die TV-Quoten sinken.

Neue Formate, neue Ligen

Auch deshalb haben sich mehrere Unternehmen wie zwei börsennotierte Medienkonzerne aus den USA und Schweden, ein internationaler Sportrechtevermarkter und der deutsche Promoter Karl-Robbin „Kalle“ Sauerland in die Comosa AG mit Sitz in Zürich eingebracht. Kalle Sauerland, Sohn des Hall-of-Famers Wilfried Sauerland, werkelt seit dreieinhalb Jahren am Zustandekommen dieser neuen Boxserie. Von der Familie des vor gut einem Jahr verstorbenen Muhammad Ali wurde für einen siebenstelligen Dollar-Betrag das Recht erworben, die Serie unter dessen Namen zu veranstalten. Das Preisgeld der Mohammad-Ali-Trophy beträgt 50 Millionen Dollar.

Ausgeboxt wird sie im Cruisergewicht (bis 90,719 Kilogramm) und im Super-Mittelgewicht (bis 76,204 Kilogramm). In beiden Limits treten jeweils acht Boxer an, beginnend mit den Viertelfinals im September und Oktober. Die Halbfinals steigen im Januar und Februar, die Finals in beiden Gewichtsklassen sind für den Mai kommenden Jahres geplant. Der Sieger im jeweiligen Limit erhält dann gut zehn Millionen Dollar.

Die Gewichtsklasse Hucks ist mit den amtierenden Weltmeistern der vier großen Weltverbände WBA, WBC, IBF und WBO sowie zwei ehemaligen Champions stärker besetzt als das Super-Mittelgewicht, in dem der frühere deutsche Weltmeister Jürgen Brähmer in seinem ersten Kampf auf den bisher ungeschlagenen Amerikaner Rob Brant trifft. Dies hatte im Juli eine pompöse Auslosung im Grimaldi-Forum in Monaco ergeben.

Cruiser-Champion Aleksandr Usyk suchte sich Huck aus. Huck sei immer noch ein spektakulärer Boxer, begründete der Ukrainer seine Wahl. Vermutlich wird er dabei auch im Blick gehabt haben, dass Huck, der den WBO-Titel zwischen 2009 und 2014 hielt, zuletzt nicht mehr seine Bestform erreichte. „Für alle Experten gilt Usyk als Favorit auf den Gesamtsieg“, sagt Huck. Er freue sich, gleich zu Beginn der Serie auf den Ukrainer zu treffen, auch wenn es sein Aus bedeuten könnte. Nur der Sieger kommt weiter und kassiert weiter, der Verlierer scheidet sofort aus. „Dieses Format ist schön, die Besten gegen die Besten“, sagt Huck, „ich möchte zeigen, dass ich es noch drauf habe.“

Usyk ist im Vorteil

Für Huck ist die WBSS so etwas wie die letzte Chance. Vielleicht deshalb wäre der 32-Jährige auch „auf dem Mond angetreten“, wie er sagt, aber den Heimvorteil nimmt er dankend an. Für den Fall seines Sieges im ersten Viertelfinale wäre Huck sofort wieder WBO-Weltmeister. Von diesem Verband erhielte er sogar noch den Extra-Titel Super-Champion, weil er seinen WBO-Titel seinerzeit 13 Mal hatte erfolgreich verteidigen können.

„Das ist schon eine schwere Aufgabe, das muss man schon sagen“, sagt Conny Mittermeier, den Huck nach der Trennung von Weltmeistertrainer Wegner zum zweiten mal als Coach gewinnen konnte. Usyk wurde als Amateur 2008 Europameister (Halbschwer) sowie 2011 Weltmeister und 2012 Olympiasieger, jeweils im Schwergewicht. „Technisch und boxerisch ist Usyk klar im Vorteil“, sagt Mittermeier. Aber die Außenseiterrolle sollte seinem Schützling liegen. Huck wisse, was auf ihn zukomme. „Marco hat gegen jeden eine Chance.“ In Tirol hat Huck sich körperlich in Form gebracht, nun arbeitet er in einem Gym in Spandau. „Ich hoffe auf seine Unberechenbarkeit“, sagt Mittermeier über Huck. Und auf dessen unbedingten Willen, „denn ohne Willen wird das nichts werden“.

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