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Sport: Wunderbarer Punkt

Frankfurt spielt unentschieden gegen Lautern: Die einen sind so gut wie durch, die anderen hoffen

Als alles gesagt war, standen Friedhelm Funkel und Wolfgang Wolf auf, umarmten sich und drückten einander inniglich an die Brust, wie das Sportsmänner eben tun, wenn sie dicke Freunde sind. „Wie es sich unter Freunden gehört“, hatte Wolf einleitend festgestellt, „haben wir uns die Punkte geteilt.“ Funkel hatte genickt und zugestimmt. 2:2 – ein Punkt für Eintracht Frankfurt, einer für den 1. FC Kaiserslautern. Gerettet ist damit noch keiner von beiden vor dem Abstieg. Aber die Position hat sich für beide Klubs, vor allem für den hessischen, dank des gleichzeitigen 3:0-Sieges des FSV Mainz 05 beim VfL Wolfsburg verbessert.

Als einen „wunderbaren Punkt“ wertete Eintracht-Chef Heribert Bruchhagen daher das Ergebnis und rechnete vor, was alles in der Theorie Unwahrscheinliches an den beiden letzten Spieltagen (in Dortmund, gegen Mönchengladbach) passieren müsste, damit der Aufsteiger bei einem Abstand von vier Punkten zum 16.Tabellenplatz noch absteigt. „Unsere Ausgangsposition ist glänzend, auch wenn heute das Ergebnis nach einer 2:1-Führung auf den ersten Blick enttäuschend aussieht.“ Sein Trainer hielt sich nicht mit Arithmetik auf. Für Funkel ist die Sache klar: „Wir werden in der Bundesliga bleiben.“

Auf dem 16. Platz klebt weiterhin der 1. FC Kaiserslautern fest. „Aber der Punkt war für uns überlebensnotwendig, Gold wert“, sagte Wolf. Der knorrige Pfälzer findet bestätigt, was er schon zu Beginn der Rückrunde prophezeit hatte: „Alles läuft auf unser persönliches Endspiel am letzten Spieltag in Wolfsburg hinaus.“ Zwei Punkte trennen Wolfsburg und Kaiserslautern. „Das wird ein Herzschlagfinale, und wir sind mittendrin.“

Es hat sich eine Art Allianz Hessen-Rheinhessen-Pfalz gebildet, welche die Niedersachsen auf den 16. Platz drücken möchte. Wenn sich Schwaben mit dem VfB Stuttgart der Südwest-Gemeinschaft anschließt und am Samstag die Mannschaft des Niederbayern Klaus Augenthaler besiegt, wäre das überaus hilfreich für die Pfälzer. Zumal sie, wie Wolf ironisch anmerkte, „am Samstag einen leichten Gegner vor der Brust haben“. Die Bayern kommen auf den Betzenberg mit der festen Entschlossenheit, dort den 20. Meistertitel perfekt zu machen. „Warum“, fragte Wolf dennoch, „sollten wir mit unserer Leidenschaft und unserem Publikum im Rücken gegen den FC Bayern nichts erreichen? Wir treten nicht an, um den Bayern zur Meisterschaft zu gratulieren.“

Die Leidenschaft seiner Mannschaft ist jugendlich. Der 19-jährige Sebastian Reinert schoss das 1:0, der in der 72. Minute eingewechselte Marcel Ziemer (20) in seinem ersten Bundesliga-Einsatz kurz vor Schluss das 2:2, wobei sich die Nachwuchskraft gegen den Routinier Vasowski eiskalt durchsetzte. „Ich habe vorher meinen Gegenspieler gesehen, bin gelaufen, wusste vielleicht, dass er stehen bleibt, habe einen Schritt gemacht, geschossen und der Ball ist reingegangen. Glück gehabt.“ Wie erzielt, so erzählt: Schnörkellos.

Ziemer war einer von fünf jungen Amateuren – Fromlowitz, 19, Schönheim, 19, Bohl, 22, Reinert, 19, waren die anderen – im Spiel, die zu Saisonbeginn noch zum Kader der Regionalliga-Mannschaft gehörten. Mit Daniel Halfar (18) gehört ein weiterer Teenager bereits zum festen Stamm. „Da wächst etwas heran“, sagte Wolf stolz. Seine Jugendphilosophie habe ihm zwar letztlich in Wolfsburg und Nürnberg den Job gekostet, „weil junge Spieler eben Fehler machen und nicht konstant sind“. Aber er lässt sich den Spaß an der Jugendarbeit nicht nehmen. „Der Mut für eine bessere Zukunft ist entscheidend.“

Auch Funkel setzt – ebenfalls notgedrungen – auf den eigenen Nachwuchs (fünf Stammspieler fehlten), hat aber auch die „individuelle Qualität“ (Bruchhagen) erfahrener Spieler wie Benjamin Köhler (25) und Ioannis Amanatidis (24), die aus dem Nichts und mit großer Raffinesse Tore wie zum 1:1 und 2:1 machen. Das „herzzerreißende Klassespiel“ (Wolf) war auch eine Talentschau des deutschen Fußballs. Womöglich wird der Jugend-Elan aus dem Südwesten lieber in der Bundsliga gesehen als das zusammengekaufte Kontrast-Programm aus Wolfsburg (siehe Beitrag links).

Hartmut Scherzer[Frankfurt am Main]

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