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Sport: ZEN ZU NULL Das deutsche Nirwana

Fußball ist Philosophie. Deshalb heben wir den Ball hier auf eine höhere Ebene.

Fußball ist Philosophie. Deshalb heben wir den Ball hier auf eine höhere Ebene.

War es der fuchsschlaue Völler, Flankengott Schneider, Schützlein Neuville - oder am Ende doch allein der goldene Kahn? „Wer führte uns wirklich so weit?“ drängen wir den Meister nach Aufklärung.

Spätestens im Halbfinale, wenn es erstmals gegen eine renommierte Mannschaft geht, werden wir sie schließlich benötigen: die alles entscheidende deutsche Führungspersönlichkeit, am besten im Mittelfeld! Doch der Meister weist dies unterwürfige Sehen sowie die Frage „Wer entscheidet ein Spiel?“ als falsch zurück. Nicht „wer entscheidet“, so lehrt der Buddha, sei die eigentliche Frage, sondern „wodurch bedingt es zu Entscheidungen kommt". Die typisch westliche Überschätzung der Wirkungsmacht Einzelner (z.B. Zidane, Batistuta, Figo) sei es schließlich gewesen, die alle bisherigen Favoriten so jämmerlich in den Abgrund stürzte. Weshalb es übrigens auch mit Beckhams England bald enden werde.

Also spricht der Meister.

Und bereits seit dem Unentschieden gegen Irland vertritt er die These, das Spiel der Deutschen käme der Buddha-Natur von allen Mannschaften am nächsten. In keinem anderen Team nämlich habe das Mittelfeld den komplexen Charakter des Spieles, in dem jede Aktion durch unzählige andere bedingt ist, so tief verinnerlicht. Jeder einzelne deutsche Spieler verneine sich deshalb konsequent als autonom agierendes Subjekt. Insbesondere Hamann lobt der Meister, dessen beharrliches Kurzpassspiel er wie geschaffen für die Herausforderung des modernen Ostens erkennt. Er sei der eigentliche Führungsspieler, denn er vermittle die Einsicht, wie sehr jeder Einzelne von jedem anderen abhänge. Unter Hamanns stiller Führung, so der Meister, werde es Deutschland wie 1986 bis zum Finale gelingen, das Spiel selbst erfolgreich auszulöschen und also im Finale von Yokohama den ganzen Globus mit der betörenden Langweile des Nicht-Fußballs zu erlösen. Die Augen des Meisters leuchten, als er von seiner deutschen Nirwana-Fußballvision kündet. Und wir fürchten, nein, wir hoffen ernsthaft, genau so möge es kommen. Wolfram Eilenberger

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