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Erst rollte der Rubel, jetzt der Ball. 60-Millionen-Euro-Neueinkauf Hulk soll St. Petersburg auf den Zenit des Erfolges führen.

© dapd

Zenit St. Petersburg in der Champions League: Mit Hulk in neue Höhen

Zenit St. Petersburg investiert seit Jahren Millionen in neue Spieler und in einen Traum: den Titelgewinn der Champions League.

Schlimm sei das mit dieser Warterei, jammerte ein Fan auf der Webseite von Zenit St. Petersburg: „Als ob du dir einen neuen BMW gekauft hast und er vor der Haustür steht, du dich aber nicht gleich reinsetzen darfst.“ Was dem jungen Mann wie das sportliche Äquivalent eines deutschen Autotraums vorzukommen scheint, waren die beiden Neueinkäufe Hulk (FC Porto) und Alex Witsel (Benfica Lissabon), deren Dienste sich der Russische Meister Anfang September gesichert hatte. Laut portugiesischen Medien belief sich die Ablöse auf insgesamt 100 Millionen Euro: 60 für den Brasilianer Hulk, 40 für den Belgier Witsel – inklusive 34 Millionen an Nebenkosten, etwa für Agenten und Jugendvereine der Spieler.

Bis zum ersten Einsatz der Neuverpflichtungen dauerte es nach der Transfersensation noch einmal zehn Tage. Am vergangenen Freitag wurden sie im Heimspiel gegen Terek Grosny eingewechselt – und konnten nicht verhindern, dass Zenit verdient unterging. Die Gäste aus Tschetschenien erzielten unter Mithilfe von St. Petersburgs portugiesischem Abwehrchef Bruno Alves zwei Kontertore zum 2:0-Sieg und übernahmen die Tabellenführung. Zenit fiel nach dem achten Spieltag auf Platz vier zurück.

Ein Spaziergang mit teuren Accessoires wird die russische Premier-Liga für Zenit trotz der Millioneneinkäufe nicht. Kräftig aufgerüstet haben in den zurückliegenden Wochen sämtliche 16 Erstligisten der von Oligarchen dominierten Spielklasse – allen voran Anschi Machatschkala, das nach Eto'o, der vor einem Jahr für 27 Millionen Euro kam, jetzt Defensivstratege Lassana Diarra von Real Madrid holte. Auch ZSKA und Spartak Moskau waren auf dem Transfermarkt aktiv, Dynamo Moskau und Rubin Kasan ebenfalls.

Trainer von Zenit St. Petersburg ist seit 2010 der Italiener Luciano Spalletti. Er hat im Januar seinen Vertrag vorzeitig bis 2015 verlängert. Spalletti wurde zwei Mal in Folge Meister mit Zenit – was für diesen Klub keine Routine ist. Bis in die neunziger Jahre galt St. Petersburg eher als Vertreter des Mittelmäßigen. Erst seit 2005, als Gazprom über Tochterfirmen die Anteilsmehrheit übernahm, ging es binnen weniger Jahre steil aufwärts. Zenit wurde 2007 erstmals Meister, gewann 2008 den Uefa-Cup. Der Kader ist heute gespickt mit Nationalspielern aus halb Europa: Für den Portugiesen Danny hat Zenit 2008 schon einmal 30 Millionen Euro hingeblättert, für den Italiener Domenico Criscito vorigen Sommer 15 Millionen.

Dass der neue Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer, einst in Hamburg und bei RB Leipzig für spektakuläre Transfers bekannt, bereits kurz nach Amtsantritt im August neue Rekordsummen ausgeben durfte, will die Klubführung aber nicht als Finanzeskapade verstanden wissen. Präsident Alexander Djukow sprach in einem offenen Brief an die Fans davon, man sei „mehr als je zuvor“ entschlossen, den „nächsten Schritt“ in der Champions League zu tun, dafür seien qualitative Verstärkungen unabdinglich gewesen. Die Ablöse für Hulk könne „sehr vorteilhaft“ über drei Jahre bezahlt werden – und überhaupt wolle Zenit die Ausgaben über Einnahmen refinanzieren.

Im laufenden Jahr sind Erlöse aus Merchandising, Fernsehrechten und Sponsoring in Höhe von 87 Millionen US-Dollar geplant, zwölf Millionen mehr als 2011. Zenit ist der mit Abstand populärste Klub in Russland, laut einer Umfrage geben ihm 26 Prozent der russischen Fußballfans den Vorzug. In St. Petersburg ist das kleine Stadion mit seinen 21 500 Plätzen immer ausverkauft. Unlängst meldete der Klub 600 000 registrierte Benutzer in den Sozialnetzwerken. Auch auf Hulk und Witsel hat die Fangemeinde reagiert: Binnen weniger Tage wurden 3000 Trikots mit den Namen der Neuen verkauft.

Tino Künzel

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