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Sport: Zerrung, Bruch, Sehnenriss

Handball-Bundestrainer Brand gehen kurz vor WM-Beginn im eigenen Land die gesunden Spieler aus

Berlin - Die Nachricht ereilte Christian Schwarzer am frühen Morgen, beim Spaziergang mit dem Hund durchs Ostwestfälische. „Das überrascht mich schon einigermaßen“, sagte der 37 Jahre alte Kreisläufer dem Tagesspiegel. Die Information nämlich, dass der 302-malige Nationalspieler vor seinem Comeback in der Länderauswahl stehe, hatte die „Bild“-Zeitung ziemlich exklusiv verbreitet – selbst Schwarzer und Bundestrainer Heiner Brand wussten nichts davon. „Ich habe zwar kürzlich mit Heiner gesprochen“, bestätigt der Spieler vom TBV Lemgo, „aber dabei ging es um andere Dinge.“ Klar sei aber weiterhin, „dass ich im Notfall zur Verfügung stehe“. Für die nächsten Tage verfolgt er jedoch andere Pläne: „Ich fliege morgen mit unserem Mannschaftsarzt nach Dallas. Dirk Nowitzki hat mich eingeladen, bei einem NBA-Spiel dabei zu sein. Damit geht ein großer Traum für mich in Erfüllung“, berichtete Schwarzer, der nach dem olympischen Silber von Athen im Sommer 2004 aus dem Nationalteam zurückgetreten war.

Auch der Deutsche Handball-Bund (DHB) dementierte. „Die Diskussion über die Rückkehr von Stefan Kretzschmar und Christian Schwarzer ist bisher nicht geführt worden“, erklärte DHB-Sprecher Charly Hühnergarth. Dass die Spekulationen über ein Comeback der beiden Altstars in den vergangenen Tagen auflebten, ist allerdings nicht verwunderlich. Bundestrainer Brand gehen kurz vor dem WM-Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Brasilien am 19. Januar in Berlin allmählich die gesunden Spieler aus. Schon für die Testspielreise nach Ungarn, wo das Team am Wochenende bei einem Sieg und einem Unentschieden gute Leistungen bot, hatte er sicherheitshalber auf einige angeschlagene Leistungsträger verzichtet: Kapitän Markus Baur (Oberschenkelprobleme), Rechtsaußen Florian Kehrmann (Mittelhandbruch) sowie die Halbrechten Holger Glandorf (Brüche im Gesicht) und Rolf Hermann (Nervenreizung im Arm) können wahrscheinlich an der WM teilnehmen, blieben aber im Trainingslager am Ammersee.

Der wichtige Aufbauspieler, der eingedeutschte Oleg Velyky (Kronau), hingegen wird wohl frühestens zur Hauptrunde eingesetzt werden können – Brand darf jeweils nach Vorrunde und Hauptrunde zwei Spieler austauschen. „Ein Einsatz in der Vorrunde wäre ein Wunder“, sagte Mannschaftsarzt Ulrich Dobler, „denn der Sehnenanriss in der Fußsohle ist extrem schmerzhaft.“

In Ungarn vergrößerte sich das Brandsche Lazarett noch einmal. Der Kronauer Andrei Klimovets muss mit einer Zerrung im Oberschenkel ein paar Tage pausieren. Wenigstens hat sich der Hamburger Linksaußen Torsten Jansen entgegen erster Befürchtungen keinen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zugezogen, der wohl das WM-Aus bedeutet hätte, sondern eine Einblutung. Sein WM-Start ist nicht gefährdet.

Fassungslos war Brand in dem Moment, als auch noch der Lemgoer Sebastian Preiß mit einer Wadenverletzung ausfiel. Der Kreisläufer, der mindestens eine Woche zusehen muss, gehörte in Ungarn zu den besten deutschen Spielern. „Das ist ja nicht mehr auszuhalten. Nimmt diese Verletzungsmisere denn überhaupt kein Ende?“, fragt Brand verzweifelt. Derzeit hat er mit dem Magdeburger Abwehrspezialisten Oliver Roggisch nur noch einen gelernten Innenverteidiger zur Verfügung: „Wir haben hier nur Roggisch, Preiß und Klimovets, mit Abstrichen Kaufmann“, sagt Brand. Der Wetzlarer Lars Kaufmann hat allerdings erst 16 Länderspiele absolviert, mithin zu wenig Erfahrung. Doch dieses große Loch in der Abwehrmitte könnten auch die möglichen Rückkehrer Kretzschmar und Schwarzer nicht stopfen – beide stehen in der Abwehr meistens auf den Halbpositionen.

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