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Sport: Ziele im Nebel

Bundestrainer Peter Rohwein fehlen die Erfolge – die Vierschanzentournee wird daran wohl nichts ändern

Am liebsten würde Peter Rohwein seinen letzten Satz wieder zurücknehmen. „Oh je“, sagt er, „da habe ich wieder etwas gesagt.“ Der deutsche Skisprung- Bundestrainer hatte im Kurkino Oberstdorf die Umstehenden mit einem Spruch erheitert, der für seine Lage etwas kühn war. „Wir können von allen Nationen etwas lernen“, hatte Rohwein gesagt, „sogar von den Österreichern.“

Immerhin, Peter Rohwein kann doch locker sein. Sein Vorgesetzter Thomas Pfüller hatte ihm zuletzt vorgeworfen, zu angespannt zu sein. „Wenn man in so einem Tal ist, muss man die Springer auch mal mit einer gewissen Lockerheit aufbauen“, hat der Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV) einer Nachrichtenagentur gesagt. „Das fällt dem Peter Rohwein schwer, und deshalb haben wir ihm einen jungen Trainer an die Seite gestellt.“ Bereits heute beim Start der 55. Vierschanzentournee in Oberstdorf (15.30 Uhr, live bei RTL) gehört der Österreicher Falko Krismayr zum Trainerteam. Der Bundestrainer stellt den Vorgang anders dar. „Das hat nichts mit fehlender Lockerheit zu tun“, sagt Rohwein, „ich habe Krismayr ins Team berufen, damit die Arbeit besser verteilt ist.“

Peter Rohwein ist um seine Lage nicht zu beneiden. Seit drei Jahren ist er hauptamtlicher Bundestrainer, seitdem hat kein Deutscher ein Weltcupspringen gewonnen. Keiner kommt nach den bisherigen Ergebnissen für den Gesamtsieg der aktuellen Vierschanzentournee infrage. Weshalb Rohwein für die nächsten vier Springen ein nebulöses Ziel ausgegeben hat. „Wir wollen eine gute Leistung zeigen“, sagt er. Welche Platzierungen das seien, will er nicht sagen.

Längst prasselt die Kritik von allen Seiten auf ihn ein. Vor Pfüller hatten ihn die Fernsehexperten und ehemaligen Skispringer Dieter Thoma und Jens Weißflog angegriffen. Sie bemängelten, dass er und der Verband ihr Know-how nicht miteinbeziehen würden. Rohwein traf sich vor der Tournee zu einem Krisengespräch mit Thoma. Beide kamen zu dem Schluss, dass die Kommunikation verbessert werden müsse. „Wir werden die Sachen künftig nicht mehr in die Öffentlichkeit bringen, sondern es uns ins Gesicht sagen“, sagt Rohwein.

Seine Springer liefern aber auch genügend Gründe zur Kritik. In dieser Saison ist Martin Schmitt mit Platz 16 im Weltcup bester Deutscher. Nur der ehemalige Nordische Kombinierer Christian Ulmer ist neu im Team, ansonsten muss Rohwein auf die Springer setzen, die bei den Olympischen Spielen von Turin für das schlechteste Ergebnis seit 14 Jahren verantwortlich waren: Michael Uhrmann, Georg Späth und Martin Schmitt. Es fehlt an Nachwuchs, wie ihn die Österreicher in dem 16 Jahre alten Tourneefavoriten Gregor Schlierenzauer haben. „Wir treten seit fünf Jahren mit den gleichen Athleten an“, sagt Peter Rohwein, „das gibt es in anderen Ländern nicht.“

Als Sven Hannawald die Massen noch jubeln ließ, hat der DSV die Nachwuchsarbeit vernachlässigt. Inzwischen ist das Problem erkannt, der Verband leistet sich vier neue österreichische Nachwuchstrainer. „Es gibt unter den 16-Jährigen gute Leute“, sagt Rohwein, „aber mit denen ist noch nicht zu rechnen.“ Zwei, drei Jahre müsse man sich noch gedulden, sagt der Bundestrainer.

Die Frage ist, ob der Deutsche Skiverband diese Geduld besitzt. Eigentlich läuft der Vertrag mit Rohwein noch bis Olympia 2010. Falls Rohwein vorzeitig abgelöst werden sollte, hätte der DSV mit dem Österreicher Heinz Kuttin bereits einen weltcuperfahrenen Trainer in seinen Reihen. „Eine Personaldiskussion möchte ich nicht führen“, sagt Pfüller. Auch Rohwein sagt: „Mit so etwas beschäftige ich mich nicht.“ Er verweist darauf, dass in dieser Saison erst fünf von 30 Weltcupspringen absolviert sind. „Wir rechnen am Schluss ab“, sagt Rohwein. Als wichtigste Aufgabe gilt eine Medaille bei der Nordischen Ski-WM in Sapporo. Sollte Rohwein dort auch erfolglos bleiben, dürfte es für ihn schwierig werden.

„Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass ich mein ganzes Leben lang der Skisprung-Bundestrainer bleibe“, sagt Rohwein, „ich weiß, dass der Job infrage gestellt wird, wenn die Leistung nicht kommt.“ Macht ihm die Aufgabe denn noch Spaß? Ja, sagt er, „Trainer zu sein, das ist mein Leben.“ Gerne wolle er auch wieder mit Jugendlichen arbeiten. Der Satz wirkt in diesen schwierigen Tagen so, als baue er schon für die Zukunft vor.

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