zum Hauptinhalt

Sport: Zimmer frei

Aus der Welt der Wohngemeinschaften ist das Phänomen des dritten Einwohners bekannt. Es tritt dann auf, wenn sich Freunde zu einer WG zusammentun und dafür noch einen externen Mitbewohner suchen.

Von Christian Hönicke

Aus der Welt der Wohngemeinschaften ist das Phänomen des dritten Einwohners bekannt. Es tritt dann auf, wenn sich Freunde zu einer WG zusammentun und dafür noch einen externen Mitbewohner suchen. In dem dritten Zimmer herrscht meist ein reges Kommen und Gehen, und so ähnlich ist es auch im Trainerbüro von Bayern München, das Louis van Gaal spätestens am Saisonende räumen muss.

Die Fluktuation in der Bayern-WG hat sich seit dem ersten Auszug des letzten Langzeittrainers Ottmar Hitzfeld 2004 merklich erhöht. Die Führungsclique um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge hat viele Kandidaten ausprobiert, aber irgendwas hat immer nicht gepasst. Nach dem Schlitzohr Magath und dem Draufgänger Klinsmann erwies sich auch der Eigenbrötler van Gaal als untauglich.

Dabei war der Niederländer doch ihr Wunschkandidat gewesen. Ein renommierter Spielphilosoph mit Konzept, der den Bayern etwas mehr Identität einhauchen sollte als die, jedes Jahr die Champions League und damit das große Geld zu erreichen. Vorbild war der FC Barcelona, der mit seinem vereinseigenen Trademark-Fußball die Welt verzückt.

Doch die Herren des Hauses – allen voran Hoeneß – hatten keine Lust, sich von dem Neuen die Möbel verrücken zu lassen. Kaum zwei Jahre später muss van Gaal wieder gehen – nicht wegen des drohenden Verpassens der Champions League, sondern wegen der „unterschiedlichen Auffassung über die strategische Ausrichtung des Klubs“. Sein Konzept passte ihnen nicht, weil es nicht ihr Konzept war.

Daran ist der wenig diplomatische van Gaal nicht unschuldig. So langsam müssen sich die Freunde in der FCB-Chefetage aber doch fragen lassen, wen oder was sie eigentlich suchen. Statt Deutschlands Barca ist Bayern derzeit jedenfalls nur das Real Madrid von der Isar: Vom eigenen großartigen Dasein beseelt, findet der Verein einfach nicht den Richtigen.

Nun steht der FC Bayern München also wieder da, wo er vor Louis van Gaal stand – vielleicht ist er noch ein bisschen konzeptloser als vorher. Dafür spricht, dass die Bayern selbst nicht wissen, wer denn ins freie Zimmer einziehen soll, damit es im eigenen Hause wieder funktioniert. Vielleicht ist es an der Zeit, einmal darüber nachzudenken, ob in den anderen Zimmern noch alles in Ordnung ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false