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Sport: Zittern im Freibad

Wasserballer Marc Politze will Meister werden – wenn nicht gegen, dann mit Spandau 04

Berlin. Die Wasserballer des ASC Duisburg haben sich etwas besonders Gemeines ausgedacht, um Spandau 04 im ersten Finalspiel um die deutsche Meisterschaft zu schlagen. Sie tragen die Partie heute im Freibad aus, „das kann kalt werden“, sagt Spandaus Torjäger Marc Politze, „die Lichtverhältnisse sind anders, die Luft ist kälter, und die Bälle fliegen anders“. Spandau trainiert und spielt seit einem halben Jahr in der Halle – genauso wie der Gegner. Dessen Traglufthalle wurde im Herbst vom Sturm zerstört, seither wichen die Duisburger nach Krefeld aus. Doch das Finale wollen sie vor eigenem Publikum spielen, also im Freibad. Laut Reglement sind Spiele im Freien ab Mai empfohlen – es gibt aber kein Verbot, dies nicht schon am Abend des 30. April zu tun. Der Protest der Spandauer wurde abgelehnt. Sie fürchten, dass sich ihre Spieler zwei Wochen vor dem Final Four der Champions League in Genua einen Schnupfen holen könnten.

Und so müssen die Spandauer möglicherweise heute Abend ein bisschen bibbern. Dass sie verlieren und Politze nicht trifft, ist indes unwahrscheinlich. Spandau schied zwar im Pokalviertelfinale überraschend gegen den SV Cannstatt aus, gewann in der Bundesliga in dieser Saison aber alle Partien. Politze führt mit seinem Teamkollegen Thomas Schertwitis die Torjägerliste der Liga mit 54 Treffern an. Bei Siegen auch in den Finalspielen zwei und drei am Freitag (19.30 Uhr) und Sonnabend (16.30 Uhr) in der Schwimmhalle Schöneberg könnte Spandau schon in vier Tagen die Meisterschaft feiern, sonst geht es Sonntag und eventuell Dienstag in die Verlängerung. Der 25-jährige Politze hofft, „dass ich erstmals Meister werde“. Endlich. Im Finale stand er schon oft genug, sowohl 2001 als auch 2002 verlor er das Endspiel 8:9, mit Waspo Hannover – gegen Spandau. Jetzt mit dem damaligen Sieger zu scheitern, wäre ein Graus. Zumal der Titel Pflicht ist, schließlich holten ihn die Spandauer 23 Mal seit 1979, nur 1993 gewann Hannover. Die Kür folgt Mitte Mai in Genua. Mit und nicht zuletzt dank Politze erreichte Spandau nach sieben vergeblichen Versuchen endlich das Final Four. „Wenn er richtig gut drauf ist, ist er Deutschlands bester Wasserballer“, sagt Spandaus Manager Sven-Uwe Dettmann. Weil Politzes Freundin Melanie, die Tochter von Spandaus Präsident Hagen Stamm, in Berlin lebt, wechselte er zu den Wasserfreunden. Und weil er hier seinen Sport professioneller betreiben kann als in Hannover.

„Vormittags waren wir dort nur fünf Leute im Training, weil die anderen arbeiten mussten. Hier sind bei jedem Training alle da.“ Die Spandauer sind zumindest Halbprofis, die Studenten im Team müssen nicht auch noch jobben. Weil er Prüfungen hatte, verpasste Politze 2001die Weltmeisterschaft in Japan. Das große Plus der Humboldt-Uni, wo er im Sommersemester vier Scheine machen will: „Es gibt einen zweiten Prüfungstermin im Oktober.“ Der erste fällt mit der WM im Juli in Barcelona zusammen, für die Deutschland sich noch qualifizieren will.

Ist Spandau also das Wasserballparadies? Politze muss lachen, „ich fühle mich sehr wohl hier“, sagt er. Aber das Paradies, wo Spieler Vollprofis sind und gut bezahlt werden, liegt anderswo. In Italien zum Beispiel. Trotzdem hat Politze ein Angebot aus Pescara unlängst abgelehnt. Wegen des Studiums, und weil er mit Spandau noch einiges vorhat. Etwa in Genua. „Wir fahren nicht hin, um Vierter zu werden“. Doch vorher muss Politze noch den Aufenthalt im Freibad von Duisburg ohne Schnupfen überstehen.

Helen Ruwald

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