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Sport: Zu gut im Test

Wegen zu hoher IQ-Werte wird den deutschen Behindertenfußballern WM-Bronze aberkannt

Als ihn die Hiobsbotschaft ereilte, „war ich sehr böse und verärgert“. Dabei ist Willi Breuer sonst selbst in stressigen Lagen ein recht vergnügter Mensch. Als ehrenamtlicher Trainer der Fußballnationalmannschaft der Menschen mit Behinderung warb er, als die Weltmeisterschaft im August und September lief, höflich und intensiv für seine Klientel. Die Veranstaltung war außerordentlich erfolgreich; Bundespräsident Horst Köhler kam zum Eröffnungsspiel nach Duisburg, der WDR sendete einige Spiele live, die Stadien waren zumeist ausverkauft. Und Trainer Breuer freute sich am Ende über Platz drei und eine Medaille. Doch am 15. November hat der Weltverband (Inas-Fid) die deutsche Mannschaft nachträglich disqualifiziert. Es geht um die Zugangsvoraussetzungen. Wer mitspielen will, muss drei Kriterien erfüllen: Der Intelligenzquotient (IQ) darf den Wert 75 nicht überschreiten, der Sportler muss im Alltag auf Hilfe angewiesen sein, und die geistige Behinderung muss vor dem 18. Geburtstag festgestellt worden sein.

Das klingt einfach, ist aber sehr umstritten. „Die Testverfahren sind sehr unterschiedlich, schon weil die Spieler aus völlig unterschiedlichen Kulturkreisen kommen“, sagt Christoph Daum, der neue Trainer des 1. FC Köln, der Breuer während der WM auf der Trainerbank assistierte. Er ist sich sicher, dass die Deutschen nicht manipuliert haben. „Die Tests waren bei den Deutschen am validesten.“ Auch Breuer weist darauf hin, dass drei seiner Stammspieler kurz vor der WM noch aussortiert wurden, weil sie in den Tests zu gut abgeschnitten hatten. Das Problem: In der Zentrale des Weltverbandes waren die Unterlagen angeblich nicht in der geforderten Frist angekommen. Die deutsche Mannschaft spielte das Turnier, obwohl nicht geklärt war, ob alle Spieler tatsächlich den erforderlichen niedrigen IQ besaßen.

Während der WM sei vereinbart worden, die fehlende Registrierung bis zum 15. Dezember nachzureichen, sagt Dieter Keuther, Generalsekretär des Deutschen Behinderten-Sportverbandes (DBS). Als schwerer „handwerklicher Fehler“ (Keuther) stellte sich schon vorher heraus, dass der DBS die eingeschickten Papiere nicht kopiert hatte – weshalb alle Spieler sich während des Turniers erneut einem Test unterziehen mussten. Vier Monate nach dem Finale erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Inas-Fid auch das „neue Testverfahren nicht anerkennt“, wie Keuther einräumt. Hinter vorgehaltener Hand wird die Disqualifikation als Racheakt des Weltverbandes gewertet. Dort kam nicht gut an, dass die Deutschen sich öffentlich über angeblich zu lässige Testverfahren in anderen Ländern beschwerten. „Das geht in den Bereich der Spekulation, könnte aber ein Grund sein“, sagt Keuther. Ein polnischer Fußballer habe in drei Sprachen gedolmetscht und „die holländischen Spieler hatten teilweise einen Führerschein“, sagt Daum. Breuer wird von seinen verängstigten Spielern angerufen und gefragt, ob sie ihre Medaille wieder abgeben müssen. Wahrscheinlich müssen sie es. Die Inas-Fid beharrt auf ihrer Entscheidung, auch wenn das Exekutivkomitee den Fall im April erneut beraten will.

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