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Sport: Zu Hause bei Bubka

In Donezk treffen sich die besten Stabhochspringer

Wer zum spektakulärsten Stabhochsprung-Meeting der Welt reist, erlebt schon auf dem Hinflug Außergewöhnliches. Mit der ukrainischen Fluggesellschaft Donbassaero geht es von Kiew in die Stadt, aus der Sergej Bubka kommt: Donezk. Die Maschine erinnert an ein Frachtflugzeug. Dass Taschenmesser und eine Schere mit an Bord kommen, fällt bei der Sicherheitskontrolle nicht auf. Das Einschalten von Handys vor der Landung stört auch niemanden. Und manchmal versperren Stabhochsprungstäbe den Korridor zwischen den Sitzen, weil sie nicht in den Laderaum passen. Das allerdings passiert nur an wenigen Tagen des Jahres im Februar. Dann reisen die besten Stabhochspringer der Welt zu einem besonderen Ereignis.

Nach Donezk eingeladen werden sie von dem Mann, der ihre Disziplin geprägt hat wie kein anderer: Sergej Bubka war der erste Athlet, der sechs Meter übersprang. Der Olympiasieger und Weltmeister hat in seiner Karriere 35 Weltrekorde aufgestellt. Seine 6,15 Meter, gesprungen vor zwölf Jahren in Donezk, sind bis heute unerreicht.

So einmalig wie Bubkas Karriere ist auch die Veranstaltung, die er seit 1990 in seiner Heimatstadt organisiert. Nichts deutet in der Millionenstadt darauf hin, dass hier in der Ukraine, wo das monatliche Durchschnittseinkommen bei etwa 65 Euro liegt, eine derartig hochkarätige Sportveranstaltung stattfinden könnte. Der Etat des Meetings wird öffentlich nicht genannt, doch er liegt mit Sicherheit im sechsstelligen Bereich.

„Die Ukraine ist nicht arm, sie ist reich. Man wird es bald sehen. Die Menschen, die Wirtschaft und die ganze Gesellschaft entwickeln sich. Unser Land wird offener“, sagt der 41-jährige Sergej Bubka. Doch das Geld für sein Meeting mit dem Namen „Zepter Pole Vault Stars“ fließt nicht in erster Linie von ukrainischen Unternehmen. „Es gibt eine Reihe von internationalen Partnern. Hier nutze ich meine Verbindungen. Wir haben aber auch stärkeres Interesse von nationalen Unternehmen. Inzwischen hat sogar ein regionales Unternehmen angekündigt, dass es künftig die Rolle als Hauptsponsor übernehmen möchte.“ Doch vor zwei Monaten sah es noch anders aus. Aufgrund der politischen Spannungen in der Ukraine gab es im Organisationskomitee große Ängste bezüglich der Zukunft des Meetings. „Das war kritisch, keiner wusste, was passieren wird. Die Nation war gespalten“, erklärt Bubka, der sich um das Budget und die Topathleten selbst kümmert. „Notfalls hätte ich in dieser Situation selbst investiert, um das Meeting zu retten. Die Ukraine kann viel erreichen, wenn wir uns clever verhalten. Wir müssen unsere Nation wieder zusammenbringen. Das Meeting hilft auch dabei.“

Alexander Kolenko arbeitet für den Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) und betreut in Donezk die kleine Gruppe internationaler Journalisten. „Es gibt natürlich, wie überall, Menschen, die Bubka den Erfolg nicht gönnen – aber jeder der versteht, was er gemacht hat, ehrt ihn – vor allem natürlich die Leichtathleten“, sagt der Ukrainer und fügt hinzu: „Und die Stadt macht alles, wann immer Sergej etwas braucht.“ So werden in die für kulturelle Zwecke vorgesehene Veranstaltungshalle für das Meeting zwei Stabhochsprunganlagen eingebaut. 4500 Menschen drängen sich in der vollen Arena, die Tickets sind kostenlos. Sie zu ergattern, ist jedoch schwer. Ein halbes Jahr vorher muss ein Antrag gestellt werden – und nur wer Glück hat, bekommt Karten. Die Verteilung erfolgt durch den „Sergej Bubka Sport Club“ in Absprache mit Behörden, Schulen und Sportklubs.

Vor dem Meeting hatte Bubka versprochen: „Sie werden etwas außergewöhnliches erleben.“ Er hat nicht übertrieben. Bubka weiß, wie man Stabhochsprung in Szene setzt. Musik dröhnt aus den Boxen, vier Sprecher motivieren Athleten und Zuschauer, die Halle tobt, als ginge es um einen Weltrekord – und das schon beim ersten Sprung des Tages. Die Latte lag gerade einmal auf 5,20 Metern. Ganz gleich, wer hier springt, die Menschen sind begeistert. Und nach fünf Stunden Stabhochsprung bekommen sie auch noch einen Rekord: Die Russin Jelena Isinbajewa springt so hoch wie keine Frau zuvor in der Halle – 4,87 Meter. „Es ist eine Ehre, von Sergej Bubka eingeladen zu werden und hier in Donezk springen zu können“, sagt die 22-Jährige. „Die Atmosphäre ist überwältigend“, erklärt der deutsche Stabhochsprungtrainer Leszek Klima. Und Lars Börgeling von Bayer Leverkusen, der verletzungsbedingt nicht über Rang zehn hinauskommt, sagt: „Das ist das Nonplusultra des Stabhochsprungs. Alle kommen gerne hierher – trotz der schwierigen Anreise.“

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