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Sport: Zu niedrig geflogen

Lars Börgeling und Tim Lobinger werden Zweiter und Dritter

Von Jörg Wenig

München. Die deutschen Leichtathleten könnten Europameister beim Sammeln von Silbermedaillen werden. Keine andere Nation hatte vor dem heutigen Schlusstag der kontinentalen Titelkämpfe von München so viele zweite Plätze verbucht wie das Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Nachdem gestern vor 46 200 Zuschauern noch mal drei zweite Plätze durch Luminita Zaituc (Marathon), Sabine Braun (Siebenkampf) und Lars Börgeling (Stabhochsprung) hinzukamen, sind die Deutschen nun schon acht Mal Zweiter. Bronze gewannen gestern Sonja Oberem (Marathon) und Tim Lobinger (Stabhochsprung), so dass das DLV-Team nun schon insgesamt 14 Medaillen gewonnen hat. Maximal 20 könnten es noch werden.

Für den DLV werden die Europameisterschaften damit sportlich zu einem Erfolg, doch ein Manko bleibt bestehen: Es fehlen die großen Siegertypen. Wenn nicht noch Nils Schumann über 800 m heute gegen den wieder erstarkten Weltrekordler Wilson Kipketer (Dänemark) überraschend seinen Titel verteidigen sollte, dann bleibt 400-m-Läufer Ingo Schultz der einzige deutsche Einzelsieger. Realistische Siegchancen haben heute nämlich nur noch die beiden Frauen-Staffeln (4 x 100 und 4 x 400 m).

Auch gestern erfüllten sich die Titelträume der Stabhochspringer nicht. Nachdem es tags zuvor bei den Frauen nur eine Bronzemedaille durch Yvonne Buschbaum gegeben hatte, mussten nun Lars Börgeling und Tim Lobinger die Überlegenheit des gebürtigen Russen Alex Awerbuch anerkennen. Der nach Israel ausgewanderte WM-Zweite von Edmonton 2001 sprang als einziger Athlet über 5,85 m und siegte damit vor den beiden Deutschen, die nur 5,80 m überspringen konnten. „Die Deutschen waren stark, aber sie haben mich auch angetrieben“, sagte Alex Awerbuch.

„Wir haben leider nur das Minimalziel erreicht und keine Goldmedaille gewonnen. Das Traurige ist, dass das Publikum Gold verdient gehabt hätte“, sagte Tim Lobinger (Frankfurt), der mit wechselnden Brillen auf sich aufmerksam machte, beim Flug über die Latte jedoch nicht immer den Durchblick behalten konnte. Fast wäre der Hallen-Europameister frühzeitig und ohne Medaille ausgeschieden. Denn Lobinger, der mit 5,90 m die europäische Jahresbestenliste anführt, riss bei 5,70 m schon zweimal. Den dritten Versuch hob er sich für die nächste Höhe auf, womit er sich eine kleine Pause verschaffte. 5,75 m sprang Lobinger dann auf Anhieb. Er wirkte befreit von dem Druck, doch der Höhenflug hielt nur bis 5,80 m an.

Probleme hatte der 29-Jährige mit seinem Anlauf und mit dem langen Wettkampf. „Außerdem gab es wechselnde Winde - es war teilweise wie russisches Roulett“, sagte Lobinger, der vor vier Jahren in Budapest bei der EM Silber gewonnen hatte. „Eigentlich sollte man in vier Jahren etwas dazulernen, aber ich bin einfach nicht hoch genug gesprungen."

Zufriedener war sein Stabhochsprung-Kollege Lars Börgeling, der sein Debüt bei einer großen Meisterschaft gab. „Das ist genau das, was ich erreichen wollte. Vorher hatte ich zwar auf Gold geschielt, aber ich kann auch mit Silber sehr gut leben. Schließlich bin ich noch ein junger Athlet“, sagte der 23-jährige Leverkusener. Der Deutsche Meister leistete sich zwei Fehlversuche über 5,85 m und riskierte anschließend alles: Er ließ 5,90 m auflegen. Damit wäre Lars Börgeling in Führung gegangen – doch er riss diese Höhe.

Internationaler Höhepunkt des vorletzten EM-Tages war das 110-m-Hürdenrennen. Der Brite Colin Jackson wurde dabei in erstklassigen 13,11 Sekunden zum vierten Mal in Folge Europameister. Florian Schwarthoff (OSC Berlin) belegte wie schon vor vier Jahren den vierten Platz (13,37), und sein Trainingspartner Mike Fenner (Wattenscheid) wurde Fünfter (13,39). „Ich muss damit zufrieden sein, denn ich konnte aufgrund eines Leistenproblems in den vergangenen drei Wochen so gut wie nicht trainieren“, sagte Fenner.

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