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Sport: Zu verkrampft

Nach dem 0:0 in Nürnberg vermisst Herthas Trainer Götz „die nötige Brutalität, das Tor zu machen“

Als Marcelinho drei Minuten vor dem Ende noch einmal von der linken Seite in den Strafraum flanken wollte, rutschte ihm die Kapitänsbinde vom Arm. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC merkte es nicht, weil er es gerade sehr eilig hatte. Doch auch dieser Flankenversuch misslang dem Brasilianer, Schiedsrichter Trautmann sammelte die Binde auf und gab sie Marcelinho. Es blieb beim 0:0 in Nürnberg.

Wieder war es den Berlinern nicht gelungen, sich in der Schlussphase eines Bundesligaspiels noch einmal zu steigern, um zum ersten Mal in dieser Saison zu gewinnen. Der Unterschied zu den drei Unentschieden zuvor bestand am Samstag nur darin, dass Hertha beim Aufsteiger nicht in Führung gegangen war. „Wir machen gute Spiele“, sagt Trainer Falko Götz am Sonntagmorgen. „Es sind nur Kleinigkeiten, die wir verbessern müssen. Vor allem fehlt uns die nötige Brutalität, das Tor zu machen.“

Auch in Nürnberg hatten die Berliner ihre Torchancen vor allem in der ersten Halbzeit, genauso wie in den Spielen gegen Bochum, den FC Bayern und Mainz. In diesen Spielen wurde jeweils ein Vorsprung nicht über die Zeit gebracht, in Nürnberg verloren die Herthaner ihre Linie, nachdem die beiden Stürmer Artur Wichniarek und Nando Rafael ihre ersten Chancen nicht genutzt hatten. „Artur macht sich selbst verrückt und verkrampft“, sagt Trainer Falko Götz. „Eines Tages wird er das Tor machen, das ihn befreit.“

Ob er dazu auch am nächsten Sonntag gegen den VfB Stuttgart die Gelegenheit erhält, ließ Götz offen. Das bisher einzige Stürmertor der Berliner hat Fredi Bobic erzielt, nachdem er gegen Mainz zur Pause eingewechselt worden war. In Nürnberg ersetzte er Wichniarek erst sieben Minuten vor Schluss. „Das Fredi nicht gespielt hat, hatte taktische Gründe. Er hatte Verständnis dafür , als ich es ihm erklärt habe“, sagt Götz. „Nächste Woche kann die Aufstellung in der Offensive schon wieder ganz anders aussehen.“

Aber das Problem der Berliner liegt nicht nur im Angriff, Hertha fehlt es nicht nur vor dem Tor an der letzten Konsequenz. Als es in der zweiten Hälfte in Nürnberg nicht mehr so richtig lief, gab es keinen Spieler, der das Team noch einmal nach vorne trieb. Marcelinho, der die Kapitänsbinde wegen des kurzfristigen Ausfalls von Dick van Burik trug, strahlte keinen Siegeswillen aus. Und auch Gilberto, bester Hertha-Spieler in der starken Anfangsphase, baute später in gleichem Maße wie seine Mitspieler ab. Der eigentlich für diese Rolle vorgesehene Kapitän Arne Friedrich ist noch verletzt, einen anderen Führungsspieler hat Hertha offensichtlich nicht.

Erst der eine Viertelstunde vor Schluss für Thorben Marx eingewechselte Christian Müller zeigte bei seinem ersten Bundesligaspiel die von Manager Dieter Hoeneß geforderte „Gier nach Erfolg“. Mit Müller, Malik Fathi, Nando Rafael (alle 20 Jahre alt) und Alexander Madlung (22) stand in Nürnberg eine sehr junge Hertha-Mannschaft auf dem Platz. Dabei hatten Götz und Hoeneß in den Tagen vor dem Spiel gerade die jungen Spieler wie Fathi kritisiert, weil bei ihnen in dieser Saison noch keine Entwicklung zu erkennen sei. „Die jungen Spieler haben ihre Sache in Nürnberg gut gemacht“, sagt Götz.

Das allein reichte nicht. Wenn sich die Mannschaft in Zukunft in wichtigen Spielphasen nicht entscheiden kann, was sie tun will, wird das Resultat noch oft Unentschieden lauten – oder schlechter.

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