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Sport: „Zu viele Dickköpfe“

Sportbund-Präsident von Richthofen über die Fusion mit dem Nationalen Olympischen Komitee

Herr von Richthofen, wir haben Ihnen einen Witz mitgebracht.

Ich hoffe, er geht nicht auf meine Kosten.

Also, ein Huhn trifft eine Sau. „Lass uns eine Fusion machen“, sagt das Huhn, „danach können wir Eier mit Schinken verkaufen.“ Das Schwein ist skeptisch: „Aber dann werde ich ja geschlachtet.“ Da antwortet das Huhn: „So ist das nun mal bei einer Fusion.“

(von Richthofen schweigt)

Sie lachen gar nicht.

Ich kenne den Witz schon. Er ist vor acht Jahren erzählt worden, als sich das NOK, das Nationale Olympische Komitee, gegen eine Fusion mit unserem Deutschen Sportbund, dem DSB, gewehrt hat und damit leider Erfolg hatte. Ich finde das nicht lustig, das ist gestrig.

Sie kämpfen immer noch für eine Fusion der beiden deutschen Sportverbände. Was hat sich inzwischen geändert?

Das waren goldene Zeiten damals. Die öffentliche Hand und die Wirtschaft haben dem Sport viel Geld gegeben. Heutzutage muss man härter um Fördermittel verhandeln. Darum muss der Sport mit einer Stimme sprechen. Die Gewerkschaften haben es vorgemacht. Sie haben sich zusammengeschlossen und treten jetzt stärker auf.

Wer hätte das gedacht: Der konservative Manfred von Richthofen lobt die Gewerkschaften als Vorbild!

Es ist doch egal, ob man die Gewerkschaften mag oder nicht. Auch in der Wirtschaft gibt es Fusionen, Konzentrationen. Und im Sport merken immer mehr Funktionäre, dass ein Nebeneinander und ein Gegeneinander nichts bringen. Schauen Sie, wenn man aus zwei Rechtsabteilungen eine macht, spart man Geld. Bis jetzt kaufen NOK und DSB getrennt Papier und Bleistifte ein, jeder hat ein eigenes Archiv. Das ist Verschwendung. Noch ein Beispiel: Wenn man aus vier Ausschüssen zur Trainerausbildung einen macht und den vielleicht noch verkleinert, spart man. Was glauben Sie, wie viel unnötige Reisekosten wir haben? Das Geld wäre im Sport besser angelegt.

Und alle Menschen, denen etwas weggenommen wird, stimmen einer Fusion natürlich mit Freude zu.

Tja, das ist das Problem. Aber die Sportverbände in anderen Ländern haben es auch geschafft. Schauen Sie sich die Niederlande oder die Schweiz an.

In der Schweiz gibt es inzwischen nur noch einen Dachverband. Da bestimmt vor allem der olympische Teil, also das NOK über die Geschicke. Deshalb heißt er Swiss Olympic Association.

Also, am Namen Deutscher Sportbund wird es nicht scheitern. Ich hänge nicht an Bezeichnungen.

Woran hängen Sie denn?

Unverzichtbar in einem neuen Verband ist der Leistungssport. Hierfür muss ein eigener Bereich geschaffen werden. Dann brauchen wir eine große Abteilung für den Breiten- und Gesundheitssport, also für unsere Vereine. Dann braucht es noch eine große Jugendabteilung, eine Frauenabteilung, eine Finanzabteilung.

Sie zählen gerade auf, was der Deutsche Sportbund schon alles macht. Worauf wollen Sie verzichten?

Das sage ich doch jetzt nicht. Das ist alles Verhandlungsmasse.

Gibt es beim DSB Einsparpotenzial?

Selbstverständlich. Aber bei den Trainern und bei der Eliteförderung dürfen wir nicht sparen, das ist klar.

Wird es Entlassungen geben?

Darum wird man nicht herumkommen. Es wird weniger Funktionäre geben, weniger Reisen, weniger Tagungen.

Das NOK hält sich zugute, dass es besser wirtschafte als Ihr Verband.

Also, den Begriff „besser wirtschaften“ weise ich entschieden zurück. Wir wirtschaften sauber und ordentlich und das sogar mit schwarzen Zahlen.

Aber das NOK hat vier große Topsponsoren, die jährlich eine Million Euro zahlen. Das NOK darf die Olympischen Ringe vermarkten, Sie dürfen das nicht.

In einem großen Verband kann es natürlich nur eine Vermarktung geben. Wenn eine Firma auf uns zukommt, können wir sagen: Von deinen 100 000 Euro stecken wir 80 000 in die Olympiamannschaft und den Rest in den Gesundheitssport. Das könnte man sogar in die Wirtschaftsordnung des neuen Verbands schreiben.

Die olympischen Sportverbände sagen, dass ihnen nichtolympische Verbände nicht reinreden dürfen. Sie berufen sich auf die Olympische Charta.

Wir können meinetwegen auch die Regeln der Olympischen Charta in die Satzung schreiben. Gegen einen neuen Verband spricht das nicht. Thomas Bach...

...der langjährige Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees...

....befürwortet eine Fusion der deutschen Verbände. Ich glaube kaum, dass Herr Bach die Olympische Charta nicht kennt.

Wenn man Sie so reden hört, könnte man denken, dass die Fusion nur noch an einem Umstand scheitern kann – an der Dickköpfigkeit der NOK-Funktionäre.

Vielleicht gibt es auch Dickköpfigkeiten bei unseren Funktionären.

Insgesamt gibt es also eine Dickköpfigkeit von deutschen Sportfunktionären.

Es gibt wohl einige, die nicht genügend Einsicht in die Notwendigkeiten zeigen. Aber das ist nur ein Spiegelbild der Gesellschaft. Am Ende sind immer die dagegen, die um ihre Posten fürchten.

NOK-Präsident Klaus Steinbach sagt, eine Fusion beider Verbände ist nur eine Möglichkeit unter vielen.

Dann warte ich mit Spannung auf andere Vorschläge. Die Politik befürwortet eine Fusion, die Wirtschaft auch. Ich denke, das NOK braucht keine Angst zu haben. Es nimmt auch in einem neuen Sportverband eine herausragende Position ein. Das ergibt sich schon aus der Zuständigkeit für alle olympischen Belange. Aber natürlich wird das NOK auch den Rat der Abteilung Leistungssport brauchen.

Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zum NOK-Präsidenten?

Sachlich.

Herr von Richthofen, wäre eine Fusion die Krönung Ihrer Karriere?

Zunächst einmal halte ich das Projekt für eine Notwendigkeit. Darüber hinaus wäre es ein persönlicher Erfolg – auch wenn ich nach 2006 keinen Posten mehr anstrebe. Wenn wir schnell zu einem Ergebnis kommen und früher einen neuen Verband gründen, trete ich auch vor Ablauf meiner Amtszeit zurück.

Das Gespräch führten Robert Ide und Friedhard Teuffel.

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