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Zwei Punkte weggegrätscht. Benedikt Höwedes (links) und seine Schalker verdarben Bayer und Stefan Kießling noch den Abend. Foto: dpa

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Sport: Zufall? Eher nicht

Leverkusen gerät ins Trudeln – und lässt wie schon gegen Wolfsburg auch auf  Schalke Punkte liegen.

Es war still in der Leverkusener Kabine. Unheimlich still. Was war denn da passiert? Ein paar Minuten zuvor bei diesem Bundesligaspiel gegen Schalke 04, das Bayer Leverkusen so deutlich dominiert hatte – und am Ende doch nur 2:2 ausging. „Es herrschte eine wahnsinnige Niedergeschlagenheit“, sagte Leverkusens Offensivspieler André Schürrle. Wieder hatten die Rheinländer eine große Chance verpasst, den Kampf um Platz drei und damit die direkte Qualifikation für die Champions League vorzeitig zu entscheiden.

Wieder hatten sie ein längst gewonnen geglaubtes Spiel aus den Händen gegeben. Wieder hatten sie eine Führung nicht über die Ziellinie gebracht. Wie schon in der Vorwoche gegen den VfL Wolfsburg, als sie ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten ausgelassen hatten und am Ende mit einem Remis enttäuscht vom Platz gehen mussten. „Ich weiß nicht, warum wir unsere Spiele nicht über die Zeit bekommen. Wir müssen das schleunigst ändern“, sagte Kapitän Simon Rolfes. Auch in der Schalker Arena hatten die Leverkusener den Gegner in nahezu allen wesentlichen Faktoren beherrscht. „Die waren tot“, drückte es Bayers Sportdirektor Rudi Völler am Tag seines 53. Geburtstags vielleicht einen Tick zu martialisch aus. Doch wie gegen Wolfsburg hörten die Leverkusener nach 70 Minuten mit ihrer Spielkunst auf.

Ein Zufall? Eher nicht. In der Rückrunde fehlt der Mannschaft die Konstanz, die sie noch im vergangenen Jahr, in der Hinrunde, ausgezeichnet hatte. Bayer hat nur eines der vergangenen fünf Spiele gewinnen können. Von einer Krise sind die Leverkusener zwar weit entfernt, und doch gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Unruhe im Klub, die negativen Einfluss auf die Leistungen gehabt haben dürfte. So provozierten die lang anhaltenden Diskussionen um die ungeklärte Zukunft des erfolgreich arbeitenden Trainerduos Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski eine Menge Gesprächsstoff im sonst eher beschaulichen Leverkusen. Als sich dieses Thema gerade wieder beruhigt hatte, kam postwendend die nächste Diskussion auf, diesmal über einen nicht unwahrscheinlichen Wechsel von André Schürrle zum FC Chelsea. Ein Transfer, den Schürrle bereits vor dieser Saison angestrebt hatte, dem der Klub aber aus Mangel an sportlichen Alternativen nicht zugestimmt hatte. Chelsea soll damals rund 25 Millionen Euro für Schürrle geboten haben. Mittlerweile scheinen die Verantwortlichen nicht mehr abgeneigt zu sein, auch weil Schürrle nie so richtig angekommen ist bei Bayer 04. „Dass man überlegt, gehört zum Geschäft“, hatte Rudi Völler unlängst gesagt und damit die Spekulationen befördert. Diese Debatten, so unterschiedlich sie auch gelagert sind, dürften allen Beteiligten zumindest die alleinige Konzentration auf die sportlichen Aufgaben geraubt haben.

Ein ganz wesentlicher Faktor des Leverkusener Nachlassens ist aber die personelle Ausstattung des Kaders. Anders als etwa Borussia Dortmund und der FC Bayern München verfügen die Rheinländer keineswegs über eine ähnlich große Bandbreite an qualitativ hochwertigen Profis. Fallen mehr als zwei, maximal drei Stammspieler durch Sperren oder Verletzungen gleichzeitig aus, gibt es kaum gleichwertige Alternativen. Und auch die Teilnahme an der Europa League macht sich im Saisonendspurt bemerkbar, da sich dem Trainerduo nur begrenzte Rotationsmöglichkeiten bieten, um dadurch Kräfte zu schonen. Trotz dieser einschränkenden Begleitumstände haben die Leverkusener eine bisher überdurchschnittliche Spielzeit hinter sich gebracht. „Wir hätten heute einen großen Schritt machen können“, sagte Rudi Völler. „Jetzt war es nur ein kleiner.“

Jörg Schrohschein[Leverkusen]

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