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Sport: Zukunft im Tor

Im deutschen Handball-Team gibt es bei der WM keine Torwartsorgen

Eines wollte Florian Kehrmann nach dem Spiel gegen Brasilien unbedingt noch loswerden. „Ich muss heute noch mit Henning Fritz telefonieren und ihm zur Wahl als Handballer des Jahres gratulieren“, sagte er. Dass hinter dieser Bemerkung auch ein wenig Bedauern steckt, weil der Kieler als eine der tragenden Stützen in der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der 19. Weltmeisterschaft fehlt, wollte der Kapitän im Gang der Halle Olympique von Sousse nicht zugeben. Vielleicht auch deshalb nicht, weil es derzeit kein Torhüterproblem im Team von Heiner Brand gibt. Und so könnte eine solche Bemerkung auch leicht missverstanden werden. Der Satz des ehemaligen Nationaltorhüters Andreas Thiel, dass „in den nächsten fünfzehn Jahren kein Mangel an erstklassigen Torhütern in Deutschland besteht“, hat weiterhin seine Gültigkeit.

Beim Gewinn der olympischen Silbermedaille in Athen haben der derzeit verletzte Fritz und der Lemgoer Christian Ramota demonstriert, worauf ihre Stärke basiert: auf absolutem Teamwork. Wenn Fritz bei Olympia einen Ball spektakulär hielt, dann ballte er jedes Mal die Faust in Richtung Ramota auf der Wechselbank, und der feierte diese Aktion, indem er voller Freude mit der Faust aufs Parkett trommelte. Nicht anders verhalten sich nunmehr ihre Nachfolger bei der WM 2005. Als der Magdeburger Johannes Bitter Stunden vor dem Auftaktspiel gegen Ägypten erfuhr, dass er der erste Mann zwischen den Pfosten sein würde, war Carsten Lichtlein vom TV Großwallstadt der erste Gratulant. Der 2,03-m-Riese Bitter war dann letztlich auch maßgeblich am 28:25-Erfolg beteiligt. Dass ihr Können mit 22 (Bitter) und 24 Jahren (Lichtlein) bereits ausreicht, damit die Deutschen bei dieser WM für Überraschungen sorgen können, verlangt nicht einmal der Bundestrainer: Die Klasse eines Henning Fritz könnten sie noch nicht haben, sagt Brand. Fritz, der nach der WM in die Nationalmannschaft zurückkehrt, ist nicht nur ein Torhüter, der auch die schwierigsten Bälle hält, er kann eine Mannschaft auch leiten.

Bitter und Lichtlein sind dabei, dies auch zu lernen. Deshalb wäre es mit Blick auf die Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland eminent wichtig, dass die deutsche Nationalmannschaft in Tunesien die Vorrunde übersteht. Ägypten darf kein Spiel mehr gewinnen, dann wäre dieses Minimalziel erreicht. Nach den Siegen gegen Ägypten und Brasilien und dem für heute eingeplanten Erfolg gegen den krassen Außenseiter Katar (16.15 Uhr) kommen Spiele, die allesamt auch verloren werden können.

Nach dem Rücktritt der fünf Spieler aus dem Athen-Team (Kretzschmar, Petersen, Schwarzer, Zerbe und Dragunski) fehlen in Tunesien auch noch fünf verletzte Routiniers. Es ist möglich, dass Deutschland trotz guter Leistungen in der Vorrunde am Ende nur durch den letzten Zwischenrundenplatz um die Ränge 9 und 10 spielt. Bitter widerspricht diesem Szenario aber: „Wir werden uns noch steigern.“ Für den Neuling geht es auch darum, sich für die Zeit nach der WM für das Nationalteam zu empfehlen, denn Fritz und Ramota werden zurückkommen. Wenigstens auf der Torhüterposition muss Heiner Brand für die Zukunft nicht bange sein.

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