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Sport: Zurückgeholt von dem, der ihm einst den schwersten Schlag versetzte

MÖNCHENGLADBACH .Als endlich alles vorbei zu sein schien, als er wahrlich genug Prügel eingesteckt hatte und sich langsam wieder aufzurappeln begann - da kam der letzte, besonders schwere Schlag.

MÖNCHENGLADBACH .Als endlich alles vorbei zu sein schien, als er wahrlich genug Prügel eingesteckt hatte und sich langsam wieder aufzurappeln begann - da kam der letzte, besonders schwere Schlag.Und das ausgerechnet von Berti Vogts.Stephan Paßlack, so der Bundestrainer vor einem Jahr, sei für ihn die größte Enttäuschung der Saison gewesen.Der Gladbacher habe leichtfertig und ohne Kampf seinen Platz freigegeben."Dabei dachte ich nach dem Armenien-Länderspiel, ich hätte eine Alternative auf der rechten Seite gefunden." Als Paßlack diese Äußerungen las, fand er, das sei schon ein bißchen hart, "wenn noch einer so draufhaut, obwohl das sowieso schon so eine verkorkste Saison war".

Ein Jahr ist seitdem vergangen, und verkorkst ist eine ziemlich beschönigende Bezeichnung für das, was der rechte Verteidiger von Borussia Mönchengladbach in der Spielzeit 96/97 mitgemacht hat: als Neuzugang aus Uerdingen zunächst nur auf der Bank, dann zwei überragende Spiele gegen Meister Dortmund und im Europapokal gegen Arsenal London, die schnelle Berufung in die Nationalelf, das Debüt bei Berti Vogts im Oktober 1996 gegen Armenien, glänzende Kritiken, kurz darauf die Rückstufung zum Ersatzmann im Verein, Verletzungen, gesundheitliche und private Probleme."Das war mit meine schlimmste Zeit", sagt Stephan Paßlack.Denn kaum hatte er seinen Stammplatz in Gladbach wieder verloren, begann dieses Piepsen im Ohr.Wie nach einem Rockkonzert.Nur daß dieses Piepsen am nächsten Morgen meistens wieder verschwunden ist.

Bei Paßlack nicht, weder am nächsten Morgen, noch am übernächsten."Ich bin zu tausend Ärzten gerannt, habe alles gemacht", Infusionen, das Trommelfell durchstechen lassen, eine Behandlung mit reinem Sauerstoff in einer Druckkammer.Ohne Erfolg.Die Diagnose: Tinnitus, eine Streßkrankheit.Als Paßlack sich dann nach sieben Jahren auch noch von seiner Freundin trennte, hatte er morgens schon gar keine Lust mehr, überhaupt aufzustehen.Wenn er Profi in einer anderen Sportart sein müßte, "dann am liebsten als Bungee-Jumper", hat Paßlack einmal in der Stadionzeitschrift der Gladbacher Borussen bekannt.Rauf und runter, genau wie in seiner Laufbahn als Fußballer.Nie aber ging es so weit in die Tiefe wie vor anderthalb Jahren.

Doch obwohl Paßlack am Sonnabend in Kaiserslautern schon früh verletzt ausscheiden mußte, wurde er nun, an seinem 28.Geburtstag und fast zwei Jahre nach seinem zweiten und letzten Länderspiel gegen Nordirland, von Berti Vogts wieder in den Kader der deutschen Fußball-Nationalmannschaft berufen.Der Lohn für zuletzt gute Leistungen.Das Selbstvertrauen ist zurückgekehrt, doch Paßlack weiß am besten, daß er sich die Anerkennung für seine Leistung härter erarbeiten muß als andere.Sein damaliger Vereinscoach Bernd Krauss setzte den Neu-Nationalspieler recht schnell wieder auf die Bank."Nach einem einzigen schlechten Spiel, das habe ich nicht so ganz verstanden", sagt Paßlak.Vor anderthalb Jahren, nach seiner Katastrophensaison, lagen dem Offensiv-Verteidiger Angebote vom MSV Duisburg und von Deportivo La Coruña vor.Wegzugehen aus Gladbach, "das wäre der leichteste Weg gewesen", sagt er.Doch: "Ich glaube schon, daß ich ein Kämpfer bin."

Er wollte den Verein nicht verlassen, zumal ihm ohnehin die Freigabe verweigert wurde.Kaum aber hatte Paßlack sich mit der neuen Herausforderung im alten Verein angefreundet, präsentierte sein Arbeitgeber den Brasilianer Chiquinho als zukünftigen rechten Verteidiger.Stephan Paßlack landete prompt wieder auf der Ersatzbank."Das war schon ein bißchen komisch", sagt er.Anderthalb Jahre lang hat Paßlack in Gladbach immer wieder gehört, daß für seine Position noch Handlungsbedarf bestehe.Vor dieser Saison nun haben die Borussen den Bulgaren Vladimir Ivanow verpflichet.Für die rechte Seite.Zudem hat Trainer Rausch mit aller Vehemenz versucht, Thomas Hoersen, Paßlacks vereinsinternen Konkurrenten, von seinem Wechsel nach Duisburg abzubringen.Doch Hoersen ist weg.Chiquinho und Invanow sitzen nicht einmal auf der Bank.Und am Ende ist es dann eben doch wieder so, daß Stephan Paßlack spielt.

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