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Sport: Zurückhaltender Galopp

Am Wochenende beginnt eine neue Zeitrechnung auf der Rennbahn in Hoppegarten – mit viel Ehrgeiz, aber wenigen Änderungen

Bescheiden sitzt Gerhard Schöningh an einem Tisch im Waagegebäude der Galopprennbahn in Hoppegarten. Selbstdarstellung und große Worte sind offensichtlich nicht der Stil des ehemaligen Fondsmanagers. „Wir arbeiten hier erst, und seit der Betriebsübergabe hatten wir dafür noch nicht sehr viel Zeit“, sagt der 46-jährige Deutsche, dem das 207 Hektar große Areal der Parkbahn seit dem 18. März gehört. Trotzdem soll bereits der erste Saisonrenntag am Samstag (Start um 14 Uhr) zukunftsweisend sein. Ohne dass viel Geld nach dem Gießkannen-Prinzip verteilt worden wäre.

Ganz bewusst haben es Schöningh und Rennverein-Präsident und zugleich Geschäftsführer Andreas Neue vermieden, bereits für den Neustart groß zu werben. „Uns ist klar, dass vom Besitzerwechsel auch Großes erwartet wird. Damit können wir aber noch nicht aufwarten, und so könnten vielleicht einige Nichteingeweihte, die voller Erwartungen kommen, sogar enttäuscht werden“, erklärt Schöningh die derzeit schwierige Situation und ergänzt: „Wir wollen, dass die Leute gern zu uns kommen. Wenn das klappt, sehen wir sie auch wieder.“ Gerade ist er dabei, ein 18 Personen zählendes Team aufzubauen, das dafür künftig sorgen soll.

Was die Besucher aber bereits erwartet an einem vom Wetterdienst prognostizierten warmen Sonnentag, ist hochkarätiger Galopprennsport. „Vor allem auf Konqueror darf man gespannt sein“, kündigt Bahnsprecher Hartmut Faust für das sechste von acht Rennen an, einem Ausgleich II über 1600 Meter. „Der von Peter Rau trainierte vierjährige Hengst war schon in den USA erfolgreich und hat in diesem Jahr zwei Rennen in Köln gewonnen.“ Sein härtester Kontrahent dürfte der gleichaltrige, von Andreas Wöhler in Form gebrachte Picador sein. Für die acht Rennen sind 88 Pferde in den Starterlisten stehen geblieben.

Rau und Wöhler sind erfolgreiche Trainer aus westdeutschen Quartieren, die den weiten Weg nach Hoppegarten immer gern angetreten haben. „Ich bin ein regelrechter Hoppegarten-Fan“, sagt der Warendorfer Rau, „ich hoffe, dass diese Bahn mit großer Tradition recht schnell wieder aufblüht.“ Den Ritt von Konqueror mit Torsten Mundry im Sattel kann er diesmal aber nicht direkt verfolgen, weil er sich dann in Paris befindet. Auf der Bahn in Longchamp startet am Sonntag sein Star Saddex im Prix Ganay, einem Gruppe-I-Rennen. Von einem Rennen dieser Güte, der Champions League des Galopprennsports, kann Hoppegarten derzeit nur träumen. „Aber das wird schon werden, wenn vor allem noch mehr Berliner ihr Herz für den Sport auf dieser Anlage entdecken“, sagt Mundry.

Entwickeln muss sich das vor allem zunächst vor Ort. Derzeit werden 141 Pferde in Hoppegarten trainiert. „1993/ 94 waren es noch 540, vor dem 2. Weltkrieg 800“, erzählt Gerhard Schöningh. Umso beachtlicher, was die Trainer vor Ort mit viel Idealismus erreicht haben. Roland Dzubasz, der allein 46 Pferde im Stall stehen hat, belegte in der vergangenen Saison mit 44 Siegen in der deutschen Trainerstatistik den fünften Platz. Und bei Uwe Stech wird mit dem Schimmel White Lightning ein Gruppe-III-Sieger trainiert.

Von Gerhard Schöningh steht noch kein Pferd vor den Toren Berlins. Er ist sich bewusst, dass er auch auf diese Weise ein Signal setzen könnte. „Das wird auch passieren, ich kann nicht versprechen, ob noch in dieser Saison“, sagt er. Ein Wunder wäre es nicht, wenn Pferde von ihm plötzlich da wären. Schöningh geht es nun mal nicht um seine Person, sondern um den Galopprennsport in Hoppegarten.

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