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Sport: Zwei Schüsse nach ganz oben

Christian Gimenez führt Hertha zum 2:0 gegen Schalke 04 und an die Tabellenspitze

Berlin - Es war Viertel nach sechs, als Pal Dardai plötzlich unaufgefordert in die Ränge des Olympiastadions winkte. Seine Freude galt aber nicht der ersten Wahl-Hochrechnung, die vergleichsweise emotionslos von den 60 547 Zuschauern hingenommen wurde, sondern Pal Dardai freute sich über seinen ganz persönlichen Höhepunkt. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC hatte auf der eigenen Torlinie stehend mit seinem Kopf ein sicher geglaubtes Gegentor der Schalker verhindert. Für Dardai, für seine Mitspieler und für die Fans im Stadion war das der letzte Beweis dafür, dass dieses Spiel nicht mehr verloren gehen kann. Und tatsächlich. Der Berliner Bundesligist brachte die 2:0 (1:0)-Führung durch den zweifachen Torschützen Christian Gimenez fehlerfrei über die Bühne. Damit stürmte Hertha vom zehnten Platz aus ans obere Ende der Tabelle.

Schalke 04 hatte eine nicht viel schlechtere Ausgangsposition, die Tabellenführung zu übernehmen. Der Gast hatte den besseren Start erwischt und hätte in der Anfangsphase leicht in Führung gehen können. Aber nach gut einer Viertelstunde übernahm Hertha das Kommando auf dem Rasen. „Wir sind dann besser in die Zweikämpfe gekommen, so dass wir griffiger im Spiel waren“, sagte hinterher Falko Götz. Der Trainer der Berliner hatte sichtlich Spaß am Spiel seiner Mannschaft. „Ich habe es kommen sehen, dass wir heute etwas bewegen können. Alle haben heute an ihrer Leistungsgrenze gespielt, und was man dann leisten kann, hat man gesehen.“

Zu sehen war eine aggressive, engagierte, mutige Mannschaft, die über 90 Minuten kaum Fehler machte. Begünstigt wurde ihre Tun auch vom Gegner, der „viele Dinge vermissen ließ, die wir schon besser konnten“, wie es Schalkes Trainer Mirko Slomka sagte: „Wir haben uns heute ganz selten sichtbare Abwehrfehler geleistet.“ Gemeint haben dürfte er seinen Kapitän Bordon, der bei Herthas Führungstreffer viel zu weit von Gimenez entfernt stand. Herthas Leihstürmer aus Marseille verwandelte sechs Minuten vor dem Halbzeitpfiff eine Flanke von Kevin-Prince Boateng. Sechs Minuten nach Wiederbeginn gelang Gimenez nach einen herrlichen Querpass von seinem Sturmkollegen Marko Pantelic das 2:0 – es war sein drittes Saisontor.

Anschließend stellte Hertha das Fußballspielen ein wenig ein, was Schalke für ein paar Minuten zurück ins Spiel bringen sollte. Aber Halil Altintop scheiterte aus Nahdistanz an Pal Dardais Kopf. Aber nicht nur durch diese Rettungsaktion hatte sich der Ungar ein Sonderlob verdient. „Einen Lincoln muss du erst einmal aus dem Spiel nehmen“, sagte Manager Dieter Hoeneß. Herthas Mittelfeldkämpfer hatte sich sehr liebevoll um Schalkes Spielmacher gekümmert und das Duell klar für sich entscheiden können. Für viele Beobachter lag darin der Schlüssel zum Berliner Erfolg.

Mit dem zweiten Sieg im vierten Bundesligaspiel übernimmt Hertha die Tabellenführung. Neben den Berlinern sind nur noch die punktgleichen Nürnberger und Eintracht Frankfurt in dieser Saison ungeschlagen. Das letzte Mal, dass Hertha in der Bundesliga ganz oben stand, liegt beinahe sechs Jahre zurück. Dieses Mal kommt es aber fast noch überraschender. Erst die Patzer der Konkurrenz am Sonnabend hatten Hertha diese Möglichkeit eingeräumt. „Wir wollten unbedingt die Tabellenführung. Das war ganz klar eine zusätzliche Motivation“, erzählte Götz hinterher. Für ihn als Trainer sei es eine Premiere, erzählte er. Aber dann konnte der sonst so kontrollierte Götz nicht mehr an sich halten: „Es ist ein geiles Gefühl“, sagte er und strahlte über das ganze Gesicht. „Das genießen wir jetzt ein oder zwei Tage“, sagte Herthas Abwehrchef Dick van Burik, aber leitete daraus auch gleich ein neue Aufgabe ab: „Jetzt können wir zeigen, ob wir es wert sind.“

Sehr wahrscheinlich wird Hertha das kommenden Samstag in Mainz ohne Yildiray Bastürk und Gilberto tun müssen. Während Herthas Spielmacher sich eine Meniskusverletzung zuzog, musste Gilberto nach einem Foul mit Verdacht auf Riss des Syndesmosebandes ausgewechselt werden. Beiden Mittelfeldspielern droht eine längere Pause. Die einzige Konstante, die es in Herthas Mittelfeldreihe dann noch gäbe, wäre der Winker vom Wahlsonntag – Pal Dardai.

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