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Sport: Zwei Sieger in Paris

Lance Armstrong gewinnt zum fünften Mal in Folge die Tour de France, Jan Ullrich feiert seinen zweiten Platz

Paris. Die Helden der Tour de France ließen sich am letzten Tag feiern, das ist so üblich. Nach 30 Kilometern stieß Lance Armstrong mit seinen Mannschaftskollegen von US Postal an – im Fahren gab es Champagner für den Sieger, der zum fünften Mal hintereinander im Gelben Trikot die Ehrenrunde nach Paris absolvierte. Zum hundertjährigen Jubiläum der Tour stieg der 31-jährige Texaner in den Olymp des Radsports auf, zu den großen Vier mit der magischen Fünf, Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault und Miguel Indurain. Richard Virenque, der beste Bergfahrer, hielt kurz an, um die Laufräder zu wechseln. Er bekam neue Felgen, weiß mit roten Punkten – passend zum Trikot, das der Franzose in diesem Jahr zum sechsten Mal gewonnen hat.

Jan Ullrich fuhr bei der Parade der Sieger gut gelaunt im Hauptfeld mit. Er stand nach seiner sechsten Tour zum sechsten Mal auf dem Podium, nach seinem Sieg 1997 nun bereits zum fünften Mal als Zweiter - und zum dritten Mal neben Armstrong, dem der Bianchi-Kapitän drei Wochen lang auf 3427 Kilometern ein packendes Duell geliefert hatte. Am Ende betrug der Rückstand gerade mal eine Minute und eine Sekunde. Auf der letzten Etappe büßte Armstrong noch 15 Sekunden ein; das Champagner-Trinken hatte sich ausgewirkt. Armstrong tat es nicht mehr weh. Zufrieden war auch Alexander Winokurow vom Team Telekom, der sich den dritten Platz redlich verdient hatte.

Cooke holt sich das Grüne Trikot

Gestern ging es auf den Runden in Paris noch um den letzten Etappensieg – und um das Grüne Trikot für den besten Sprinter. Erik Zabel, sechsmaliger Gewinner des Grünen Trikots, hatte sich nach seinem Sturz in Lyon von diesem Ziel verabschiedet, aber auch er freute sich. „Es ist schön, heil und gesund Paris erreicht zu haben“, sagte der Telekom-Fahrer, der Dritter in der Punktwertung der besten Sprinter wurde. Auch bei den beiden Zwischensprints der letzten Etappe landete er auf diesem Platz, denn die Australier Robbie McEwen und Baden Cooke entschieden jeweils einen dieser Sprints für sich, McEwen hatte vor der Zielankunft zwei Punkte Vorsprung vor Cooke. Der Franzose Jean-Patrick Nazon war auf der Zielgeraden dann der Schnellste, Cooke und McEwen berührten sich im Finish mit den Schultern und belegten die Plätze zwei und drei. Cooke, nach Auswertung des Zielfotos Zweiter, gewann schließlich das Grüne Trikot.

Jan Ullrich, mit sich und der Welt dennoch zufrieden und in freudiger Erwartung seiner Familie mit dem Baby, blickte nach seiner Ankunft in Paris nicht länger zurück, sondern bereits zwölf Monate voraus. „Ich bin richtig heiß auf nächstes Jahr. Lance muss sich warm anziehen. Dann werde ich richtig attackieren, alles auf eine Karte setzen. Wenn es dann nicht klappt, hätte ich mir etwas vorzuwerfen,“ sagte Ullrich.

Vorwürfe 2003? Ullrich macht sich keine. „Ich habe gekämpft, alles aus mir herausgeholt.“ Nach all den Schwierigkeiten im letzten Jahr – Knieprobleme, Unfallflucht, Führerscheinentzug, Pillenaffäre, Dopingsperre, Knieoperationen – und dem Chaos mit dem Team Coast im Frühling war ein Comeback unter optimalen Voraussetzungen nicht möglich. Die Lebenskrise hat aus Ullrich einen anderen Menschen gemacht, der auch „die Sache Radsport jetzt ganz anders sieht“, wie er sagt. Ullrich ist gelassener geworden. Vielleicht hat er deshalb seinen Sturz beim Zeitfahren, der ihn jeder Siegchance beraubte, schnell verarbeiten können. „Pech und Glück, Krankheit und Stürze gehören nun einmal zum Radsport. Andere hat es viel schlimmer erwischt als mich.“

Für Jan Ullrich ist der zweite Platz keine Niederlage – im Gegenteil. Der Deutsche hat gekämpft, blieb stets auf Tuchfühlung zu Lance Armstrong. Dann überfiel ihn nachts das Fieber. Ullrich war drauf und dran, sich auf der fünften Etappe, wie er verriet, auszuklicken. „Es ging nicht mehr.“ Auch deshalb spricht er nun von einem „Riesenerfolg“. Jan Ullrich sagt: „Ich wollte dieses Jahr nur eine Etappe gewinnen und an die Weltspitze zurückkehren. Das habe ich geschafft. Zweiter, das hätte ich mir nie träumen lassen, nachdem, was alles passiert war. Der zweite Platz ist wie ein Sieg für mich.“

Hartmut Scherzer

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