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Sport: Zweifel an der eigenen Stärke

Nach Herthas Niederlage in Leverkusen wirken Trainer Falko Götz und Manager Dieter Hoeneß ratlos

Herthas Verantwortliche standen wie angewachsen in den Katakomben der Leverkusener Arena. Sie starrten auf das graue, mickrige Fernsehgerät, das in der Ecke am Boden stand und so gut zu den Spielszenen passte, die es übertrug. Als Leverkusens Trainer Michael Skibbe um die Ecke bog, schüttelten sie gemeinsam erst ihre Köpfe und dann die Hände. Bayer hatte 2:1 gegen Hertha BSC gewonnen, doch das schwache Spiel musste beiden ambitionierten Teams unangenehm sein.

Hertha hätte das Spiel gewinnen können. Dieter Hoeneß und Falko Götz glaubten bereits vor dem Spiel, schon zu viele Punkte verschenkt zu haben. Manager und Trainer zerteilen 90 Minuten gerne in bis zu neun Teile, picken sich einzelne Teile heraus, die sie als Knackpunkte ausmachen. Das versuchten sie auch am Freitagabend. „Viel besser als in der ersten halben Stunde kannst du auswärts nicht spielen“, sagte Herthas Manager. Das war stark übertrieben: Hertha war vor allem dank massiver Leverkusener Fehler zu Chancen und zu Pantelics Führungstor gekommen. Wieder dachte Hoeneß an all die vermeintlich verschenkten Punkte: „Wenn wir all diese Spiele gewonnen hätten...“ Er sagte dies jedoch in einem leisen, fast zweifelnden Ton. So leicht war die Erklärung diesmal nicht. Hertha war nach dem Führungstreffer eingebrochen, hatte nach einem Fehler von Malik Fathi den Ausgleich durch Paul Freier kassiert, und danach fast eine Stunde lang schwach gespielt. Die Leverkusener wurden nicht unbedingt besser, beide Klubs boten in der zweiten Halbzeit eine zerfahrene Vorstellung. Verdient hatte den Sieg keiner.

Diese Berliner Niederlage war anders als die drei vorherigen. In München und Bremen konnte Götz die gegnerische Klasse einräumen und sich vor seine junge Mannschaft stellen, die noch viele Fehler machen dürfe. Und in Cottbus sahen die Berliner in Schiedsrichter Lutz Wagner einen Teilschuldigen für die Niederlage. Das alles ging am Freitag nicht. In Leverkusen scheiterten sie an einem schwachen Gegner und ihren eigenen Spielern.

Das Spiel in Leverkusen schien einen Riss hinterlassen zu haben. Die „individuellen Fehler“ kamen Götz in seiner Analyse nicht mehr großmütig über seine Lippen. Er wirkte genervt von seinem Team, dem er sonst viel zugesteht. Er wollte nicht mal mehr zwischen jungen und alten Spielern unterscheiden. Arne Friedrich, sonst ein ruhiger, sachlicher Analyst, keifte: „Jeder ist gerannt wie er wollte.“ Der Kapitän, der für Dick van Burik in die Innenverteidigung gerückt war, gehörte noch zu den besten Berlinern. Christian Fiedler, der bei beiden Toren schlecht aussah, verschwand ebenso wortlos in die Kabine wie Sofian Chahed, der kurz vor dem Ende Gelb-Rot gesehen hatte. Chahed hatte sonst immer besonders gerne seine Fehler eingeräumt.

So konnte sich nur ein Berliner als Sieger fühlen, dessen Fehler schon ein paar Tage zurücklag: Josip Simunic, der unter der Woche Pal Dardai im Training angegriffen hatte. In Leverkusen wirkte er apathisch, blieb beim Führungstreffer ebenso reglos stehen wie beim Leverkusener Siegtreffer durch Babic zehn Minuten vor Schluss. Nach dem Spiel erklärte Dardai lapidar, Simunic habe sich vor dem Spiel „bei Kaffee und Kuchen“ entschuldigt. Simunic erklärte das Thema für erledigt. Für seine Kritik an der Mannschaft musste er sich nicht mehr entschuldigen: Der Kroate hatte Anfang der Woche moniert, Hertha sei noch nicht so gut, wie viele glauben würden.

Stefan Tillmann[Leverkusen]

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