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Sport: Zweite Wahl, fünfter Platz

In der deutschen Mixed-Staffel der Biathleten überzeugt nur Michael Greis

Ein Deutscher vergoss Freudentränen. Trainer Wolfgang Pichler war so gerührt nach dem WM-Sieg, dass er seine Emotionen nicht zurückhalten konnte. Mit ihm freuten sich allerdings nicht deutsche, sondern schwedische Biathleten: Sie hatten in Antholz, Südtirol, trotz 13 Nachladern gerade Gold mit der Mixed-Staffel vor Frankreich und Norwegen gewonnen und kündigten eine große Party an. Mit den Schweden hatte ein Team gesiegt, das das umstrittene Rennen nicht als Pflichtaufgabe sah, sondern als Medaillenchance. Die Deutschen hingegen wurden Fünfte und Männer-Bundestrainer Frank Ullrich sprach von einem „durchwachsenen Rennen mit einem grandiosen Michael Greis. Er wollte unbedingt laufen.“

Nur weil Andreas Birnbacher morgens über Magenprobleme geklagt hatte, kam der WM-Zweite über 20 Kilometer überhaupt zum Einsatz. Mit einer begeisternden Aufholjagd, der mit Abstand schnellsten Laufzeit und einer fehlerfreien Schießleistung verkürzte Greis als dritter Läufer den Rückstand von rund zwei Minuten auf 46 Sekunden. Dass es in dem Wettbewerb, in dem die Frauen sechs und die Männer 7,5 Kilometer laufen, dennoch nicht für eine Medaille reichte, lag nicht an ihm.

Kathrin Hitzer hatte als Zweite übergeben, doch Simone Denkinger zeigte am Schießstand schwache Nerven. Dreimal darf nachgeladen werden, erst wenn acht Patronen nicht für fünf Scheiben reichen, ist eine Strafrunde fällig. Denkinger musste zwei Extrarunden über je 150 Meter drehen, als Neunter nahm Greis die Verfolgung auf. Im Ziel war er Vierter. Doch weil Schlussläufer Alexander Wolf, der sich unter anderem mit Weltmeister Raphael Poirée zu messen hatte, einmal in die Strafrunde musste, war die Aufholjagd beendet.

Die Mixed-Staffel soll auch Ländern eine Chance bieten, die zwar zwei starke Männer und Frauen haben wie die Schweden, aber keine vier für das klassische Staffelrennen. Das Konzept ging auf. Das kleine slowenische Team lag lange an zweiter Stelle und wurde am Ende Vierter, Italien ohne große Stars Sechster. Erstmals wurde das Rennen nun im Rahmen einer Weltmeisterschaft ausgetragen. Wer alle Wettkämpfe bestreitet, kommt auf sechs Starts innerhalb von neun Tagen. Für den deutschen Kotrainer und Trainingswissenschaftler Jürgen Wick ist damit die Grenze der Belastbarkeit erreicht, für Männer-Bundestrainer Frank Ullrich ebenso. „Das Programm müsste gestreckt werden, die WM vielleicht schon am Mittwoch statt am Samstag beginnen“, sagt er.

Die Idee, eine Mixed-Staffel ins Programm aufzunehmen, kam dem Weltverband IBU durch den Zuschauererfolg beim Biathlon Auf Schalke, wo ein Mann und eine Frau ein Team bilden. Olympisch ist die Disziplin nicht, bei den normalen Weltcups kommen keine Mixed-Staffeln zum Einsatz. „Das zeigt den Stellenwert“, sagt Bundestrainer Frank Ullrich. Antholz sollte ein Testlauf sein, nach der WM will die IBU über die Zukunft der Mixed-Staffel entscheiden. Der Ausrichterort der WM 2008 ist ein Befürworter des Wettbewerbs: Er heißt Östersund, liegt in Schweden und hofft auf eine erfolgreiche Titelverteidigung.

Während Schweden wie Franzosen alle ihre Stars einsetzten, fehlten bei den Deutschen Doppelweltmeisterin Magdalena Neuner, die WM-Dritte Martina Glagow und die Turiner Staffel-Olympiasieger Sven Fischer, Ricco Groß und Michael Rösch. Ausgesprochen wurde es nicht, doch sie sollten für die traditionellen Staffeln am Wochenende geschont werden. Frauen-Bundestrainer Uwe Müssiggang glaubte vor dem Rennen nicht, „dass die zweite Wahl am Start ist“, man müsse taktisch denken und auch Sportler berücksichtigen, die weniger Wettkämpfe bestritten haben. Simone Denkinger widerlegte ihren Trainer ungewollt. Sie demonstrierte, warum sie nur als Ersatzfrau nach Südtirol gereist ist.

Helen Ruwald[Antholz]

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