zum Hauptinhalt

Sport: Zwischen Herz und Hirn

Referee Amerell erklärt, wann Trainer auf die Tribüne müssen

NACHSPIEL

Dreißig Minuten sind am Samstag im Ruhrstadion gespielt, als der Kaiserslauterer Marian Hristow den Ball dem liegenden Darius Wosz an den Rücken schießt. Es ist sein Abschied, denn bereits vor dieser Aktion hat ihm Schiedsrichter Wolfgang Stark wegen eines groben Fouls an Wosz die GelbRote Karte gezeigt. Sein unfairer Schuss regt Bochums Trainer Peter Neururer derart auf, dass er auf das Spielfeld läuft. Ihm folgt sein Kollege Erik Gerets. Obwohl beide noch lange und ausführlich auf dem Spielfeld diskutieren, werden sie vom vierten Schiedsrichter nicht auf die Tribüne geschickt. Warum nicht, Herr Amerell?

Es gibt einen Spruch: Wenn das Herz nachlässt, setzt das Hirn ein. Darauf hat auch der vierte Schiedsrichter in dieser Situation vertraut. Er hat gewartet, bis sich die beiden Trainer beruhigt haben, dann hat er mit ihnen gesprochen. Es war die richtige Entscheidung. Soviel ich weiß, sind die beiden danach auch vernünftig miteinander umgegangen, und es hat kein weiteres Vorkommnis gegeben. Es liegt immer im Ermessensspielraum des vierten Mannes, die Situation vor Ort zu beurteilen. Er hat sie mit Ruhe und Bedacht gelöst. Der vierte Mann soll ja nicht Theater machen, sondern deeskalieren. Ich finde, der vierte Schiedsrichter ist in dieser Saison ein Erfolg. Bisher ist nur in der Zweiten Liga Jörg Berger vom Platz gestellt worden, weil er den Schiedsrichter beleidigt hat. In der Ersten Liga musste noch niemand auf die Tribüne. Der vierte Schiedsrichter an der Seitenlinie bildet einen Puffer für die Trainer. Sie können mit ihm kommunizieren und müssen nicht mit dem ersten Schiedsrichter reden. Das Theater schwappt nicht auf das Spielfeld über.

Übrigens wird der Auslöser des Theaters in Bochum noch ein Nachspiel haben. Gelb-Rot für Hristow kann man nicht mehr steigern. Knallrot gibt es nicht. Aber ich habe mit Schiedsrichter Wolfgang Stark gesprochen, er hat einen Sonderbericht angefertigt, der geht jetzt an den Kontrollausschuss. Hristow bekommt auf jeden Fall ein Spiel Sperre wegen Gelb-Rot. Und der Kontrollausschuss muss nun entscheiden, ob er den Schuss als Delikt verfolgen und Anklage erheben wird.

Manfred Amerell (56) erklärt im Wechsel mit Hellmut Krug eine Szene des Bundesliga-Spieltages. Amerell sitzt im Schiedsrichterausschuss des DFB.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false