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Sport: Zwischen Schadenfreude und Mitleid

Borussia Dortmund denkt nach dem Erfolg über Arsenal London auch an den FC Bayern

Dortmund. Nach dem Schlusspfiff feierten die Anhänger auf der Südtribüne zwei Siege: das 2:1 ihrer Lieblingsmannschaft Borussia Dortmund über Arsenal London und den Erfolg im Quervergleich mit dem deutschen Rekordmeister. „Seht ihr Bayern, so wird das gemacht." Die Münchner waren tags zuvor in La Coruña aus der Champions League ausgeschieden und hatten auch die Chance verpasst, als Seiteneinsteiger am Uefa-Pokal teilzunehmen. In diesem weniger mondänen Klubwettbewerb hatte die junge Dortmunder Mannschaft in der vergangenen Saison, nach dem Ausscheiden aus der Champions League, international wieder an Format gewonnen, gewissermaßen auf dem zweiten Bildungsweg, der den BVB ins Endspiel führte. Die Ausbildung hat den Borussen gut getan. „Im ungeliebten Uefa-Cup sind wir als Mannschaft gereift und haben international Respekt zurückgewonnen", sagte Stefan Reuter, der am Mittwoch sein 100. Europapokalspiel bestritt.

Einige Dortmunder Profis maßen dem Sieg über den englischen Meister einen Wert bei, der über die Tabellenführung in der Gruppe A und das vorzeitige Erreichen der Zwischenrunde hinausreicht. Sie fühlen sich wie begabte und fleißige Schüler, die in die nächsthöhere (internationale) Klasse versetzt worden sind. Sogar Jens Lehmann, ein oft verschlossen wirkender Zeitgenosse, ging aus sich heraus. „Es war unser bestes Spiel, seit ich hier bin", sagte der Torhüter. Nach dem Sieg über Arsenal fühlen sich die Borussen so stark wie lange nicht. „Wir wissen, dass wir jetzt auch große Mannschaften schlagen können“, sagte Regisseur Tomas Rosicky, der einen unberechtigten Elfmeter zum Siegtor genutzt hatte.

Die Spieler schienen fest davon überzeugt, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit wiedergewonnen zu haben, doch Matthias Sammer, der Dortmunder Fußball-Lehrer, blieb sich treu und warnte sogleich davor, sich Illusionen hinzugeben. Schon am Samstag könne manches wieder in Frage gestellt werden, wenn die Mannschaft gegen den Hamburger SV nicht gewinne. Sammer mag gespürt haben, dass günstige Umstände den Erfolg erleichtert hatten. Wie viel Glanz und Gloria mit dem Namen Arsenal verknüpft sein mögen: Die „Gunners" sind derzeit nicht gerade in Hochform, wie vier Niederlagen in Serie belegen. In der zweiten Hälfte waren sie ständig darüber informiert, dass Auxerre, der dritte Kandidat für einen der ersten beiden Plätze, in Eindhoven auf Abstand gehalten wurde und weder dem Deutschen noch dem englischen Meister gefährlich werden konnte. „Wir wussten, dass Auxerre zurücklag, also war die Luft ein wenig raus", sagte Arsenals Cheftrainer Arsène Wenger. Zudem resultierte der Elfmeter zum Siegtor aus einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters. Koller war über Torhüter Seaman hinweggesprungen, ohne gefoult worden zu sein.

Obwohl diese Umstände den Sieg relativierten, sah sich selbst Sammer zu einem Lob genötigt. „Die Mannschaft hat Großartiges geleistet, die Nerven behalten und zurückgeschlagen." Als das Tagesgeschäft bewältigt und bewertet war, kamen immer wieder die Bayern ins verbale (Nach-)Spiel. Wie wird sich deren Ausscheiden national und international auswirken? In Dortmund wurde das Scheitern der Münchner allgemein bedauert, schon weil es nun schwieriger werde, einen vierten Platz in der Champions League für den deutschen Fußball zurückzuerobern. So sehr die Borussen-Fans ihre Schadenfreude genossen: Spieler und Trainer wollten sich spätabends nicht auf ein Fernduell mit dem FC Bayern einlassen. „Wir sollten uns nicht mit Dingen beschäftigen, die noch nicht anstehen", sagte Sammer. Der Trainer wollte lieber schnell ins Bett. „Wichtig ist erst mal, viel zu schlafen."

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