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Sport: Zyanblau gegen Magentarot

Gerolsteiner läuft bei der Deutschland-Tour dem T-Mobile-Team um Jan Ullrich den Rang ab

Es muss nicht immer Magenta sein. Gerolsteiner färbt die internationale und damit auch die deutsche Radszene zyanblau. So bezeichnet das Team seine wolkenverschwommene, himmelblaue Trikotfarbe. Michael Richs überlegener Zeitfahrsieg vor Jan Ullrich zum Auftakt der Deutschland-Tour war ein weiterer hellblauer Farbtupfer, bereits der 16. Sieg in dieser Saison. Einen „absoluten Knaller“ nannte Teamchef Hans-Michael Holczer den Erfolg Richs. Dass Ullrich nur Zweiter wurde, werte den Sieg des zweimaligen Vizeweltmeisters zum „Riesenerfolg für die Öffentlichkeit“ auf. Auch auf der gestrigen zweiten Etappe verteidigte Rich sein Gelbes Trikot. Schon mit dem „Hattrick für die Ewigkeit“ (Fachblatt „Radsport“) von Davide Rebellin mit den Siegen bei Amstel Gold Race, Flèche Wallonne und Lüttich – Bastogne – Lüttich im April hatte die Mannschaft Gerolsteiner das T-Mobile-Team überholt.

Offene Rivalität zwischen den beiden deutschen Teams kann Holczer indes nicht erkennen. „Wir konkurrieren international. Beide wollen die Nase vorn haben. Aber wir haben jetzt Akzeptanz“, sagt er. Nach dem Duell Rich – Ullrich stehen nun die Sprinter-Zweikämpfe zwischen Erik Zabel (T-Mobile) und Danilo Hondo (Gerolsteiner) an. Nur im Kampf um den Gesamtsieg legt sich Gerolsteiner bei der Deutschland-Rundfahrt nicht mit den Bonner Radlern an: Holczer hat keinen Spitzenfahrer fürs Gesamtklassement. Dazu hätte er Georg Totschnig nominieren müssen. Doch der Österreicher genießt alle Freiheiten, um sich auf die Tour de France vorzubereiten.

Über Richs Tour-Einsatz werde in dieser Woche entschieden, sagte Holczer. Viel stärker drängt der Zeitfahrspezialist nun auf seine Nominierung für die Olympischen Spiele. „Ich bin jetzt berechtigt, mal laut zu werden, und fordere den zweiten Startplatz ein“, sagt Rich. Das Problem: Für Athen können nur fünf Straßenfahrer für beide Disziplinen nominiert werden. Um das Kontingent von fünf Fahrern für das Straßenrennen auszuschöpfen, müssten die beiden Zeitfahrer – Ullrich plus … – beide Rennen bestreiten. Für das Straßenrennen aber gibt es Bessere als den 34-jährigen Fahrer aus Emmendingen.

Den zweiten Startplatz im Zeitfahren indes hat Deutschland allein den Erfolgen von Rich (Vierter) und Uwe Peschel (Dritter) bei den letzten Weltmeisterschaften in Hamilton zu verdanken. Der Sieger von Karlsruhe fühlt sich daher für Athen qualifiziert und rechnet sich durchaus berechtigte Medaillenchancen aus. Bei den Weltmeisterschaften 2000 und 2002 war Rich jeweils Zweiter.

In Gerolstein, diesem idyllischen Brunnen-Städtchen in der Vulkaneifel, „genießen wir erst einmal die Erfolge“, sagt Stefan Göbel, der „Leiter Corporate Communications“ des Mineralwasser-Unternehmens. Da fließt auch mal Champagner statt Wasser. In der Eifel und im Schwäbischen, der Heimat Holczers, freuen sie sich gleichermaßen über die anhaltende Erfolgsserie des Teams. Letztes Jahr waren es 27 Siege, die wieder die automatische Qualifikation für die Tour de France bedeuteten. „Wir werden uns nicht für den Rest des Jahres in den Erfolgen des Frühlings sonnen“, verspricht Göbel. Bei Gerolsteiner sind die Begehrlichkeiten gewachsen. „Das ist jetzt eine Prestigefrage, der gestiegenen öffentlichen Erwartungshaltung gerecht zu werden.“ Auch bei der Tour de France.

Hartmut Scherzer[Frankfurt]

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