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Brandenburg: Staatsanwälte sehen keinen Vorsatz Ermittler eröffnen kein Verfahren wegen Untreue

Potsdam - Die Enteignungsaffäre um die vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügte Landnahme von zehntausend Bodenreformgrundstücken durch das Land Brandenburg wird kein Fall für die Strafjustiz: Nach mehrwöchigen Prüfungen hat die Potsdamer Staatsanwaltschaft jetzt entschieden, dass kein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vermögensuntreue eingeleitet wird. Das bestätigte Behördensprecher Helmut Lange am Montag.

Potsdam - Die Enteignungsaffäre um die vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügte Landnahme von zehntausend Bodenreformgrundstücken durch das Land Brandenburg wird kein Fall für die Strafjustiz: Nach mehrwöchigen Prüfungen hat die Potsdamer Staatsanwaltschaft jetzt entschieden, dass kein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vermögensuntreue eingeleitet wird. Das bestätigte Behördensprecher Helmut Lange am Montag. „Die Vorraussetzungen für einen Anfangsverdacht lagen nicht vor. Es fehlte an Vorsatz.“ Lange verwies auf das juristisch komplizierte Feld der sogenannten uneigennützigen Untreue, bei der keine persönliche Bereicherung des Täters vorliegt. Zwar stellten – wie der BGH – auch die Ermittler bei ihren Vorprüfungen fest, dass unbekannte Eigentümer durch die damalige Praxis des Landes bei der Inbesitznahme der Grundstücke objektiv geschädigt wurden, das Land also nicht rechtens handelte. Doch für den Untreue-Straftatbestand hätten damalige Entscheidungsträger im Bewusstsein einer Straftat oder einer Pflichtwidrigkeit handeln müssen, erläuterte Lange. Der Bundesgerichtshof habe die „subjektiven Hürden“ für den Untreue-Tatbestand in dem Verfahren um den Fördermittelmissbrauch im Ministerium der damaligen Brandenburger Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) „hoch gehängt“. Hildebrandts damaliger Staatssekretär und mehrere Beamte waren damals in letzter Instanz freigesprochen worden, obwohl durch ihren Umgang mit Fördermitteln der Landeshaushalt objektiv geschädigt worden war – nur eben nicht vorsätzlich.

Wie Lange sagte, hätte vor dem Hintergrund dieser höchstrichterlichen Vorgaben den damaligen Verantwortlichen in Brandenburg bei der Inbesitznahme der Grundstücke vor dem 2. 10. 2000 klar sein müssen, dass sie kriminell handeln. Dagegen spricht aus Sicht der Fahnder jedoch, dass das Land Brandenburg von Beginn an erklärt hatte, Grundstücke kostenfrei herauszugeben, falls sich später rechtmäßige Erben melden würden. Ein entsprechender Passus findet sich auch in den „Haftungsfreistellungen“, mit denen das Land die Kommunen bei der schon damals umstrittenen Inbesitznahme von allen Risiken freistellte. „Man hatte nicht vor, Schaden anzurichten“, sagte Lange. Die Praxis sei zudem vom Justizministerium und später von Gerichten zunächst als rechtskonform angesehen worden. Erst 2004 entschied das Oberlandesgericht, dass Vormundschaftsgerichte hätten eingeschaltet werden müssen.

Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft liegt die Aufarbeitung der Enteignungsaffäre nun allein beim vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuss, der Anfang April mit den Anhörungen beginnen will. Thorsten Metzner

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