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Stasi-Debatte: Stolpe: Birthlers Vorwürfe sind unwahr

Brandenburgs früherer Ministerpräsident Stolpe hat die Kritik der Stasi-Beauftragten Birthler zurückgewiesen und seinen damaligen Kurs im Umgang mit der DDR-Vergangenheit verteidigt.

Potsdam – Im Streit um den Versöhnungskurs von Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) gegenüber Stasi-belasteten Linkspolitikern hat der frühere Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) seinen damaligen Kurs im Umgang mit der DDR-Vergangenheit verteidigt. Dem Tagesspiegel sagte er: „Alle fünf Parteien im Brandenburger Landtag, Bündnis 90/Grüne, FDP, CDU, PDS und Sozialdemokraten, waren sich 1990 einig, dass es darum ging, sich als Land wiederzufinden. Brandenburg war als Begriff in der DDR tabuisiert.“ Ziel sei es gewesen, dass sich die „Menschen an Brandenburg erinnern und sich auf die ökonomischen und sozialen Herausforderungen im wiedervereinigten Deutschland einstellen“ können. „Deshalb sollten alle, die gutwillig sind, eine Chance bekommen. Ich glaube auch heute, dass dies die richtige Herangehensweise war.“ Die Aufarbeitung der Geschichte sollte nicht unterdrückt werden, „war aber für uns nicht Aufgabe Nummer 1“. Zudem warnte Stolpe davor, sich dabei auf die Stasi zu konzentrieren. „Die Macht lag bei den Spitzen der SED. Die haben sich nach 1990 sicherlich gefreut, dass sich alles so auf die Stasi fokussiert hat.“

Zugleich bezeichnete der 73-Jährige Vorwürfe der Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, als „unwahr“, sie sei als bündnisgrüne Bildungsministerin im Kabinett von ihm angewiesen worden, über seine Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit zu schweigen. „Ich bin mit meiner Geschichte von selbst an die Öffentlichkeit gegangen. Ich habe nicht einmal die Erwartung von Loyalität in dieser Frage geäußert.“ Birthler hatte Stolpe vorgehalten, dieser habe seine jahrelange konspirative Zusammenarbeit mit der Stasi auf unerträgliche Weise verharmlost, aber von ihr als Ministerin Loyalität verlangt. Daher sei sie 1992 zurückgetreten.

Stolpe gestand Versäumnisse in den ersten Regierungsjahren ein. „Die Entscheidung, keinen Landesbeauftragten für die Stasi zu schaffen, habe ich nicht veranlasst. Der Entschluss war sicherlich ein Fehler. Es sollte aber nichts unter Tisch gekehrt werden.“ Der frühere parteilose Justizminister Hans-Otto Bräutigam sagte, die Entscheidung über einen Stasi-Beauftragten habe beim Landtag gelegen, der Verzicht auf dieses Amt sei im Rückblick falsch. Zudem sei Stolpe vom Untersuchungsausschuss weitgehend von den Stasi-Vorwürfen entlastet worden.

Birthler hatte kritisiert, „die notwendige Auseinandersetzung mit der Diktatur“ sei über viele Jahre vermieden worden, Stolpes Stasi-Belastung habe dabei eine zentrale Rolle gespielt. Die Grünen im Landtag werfen der SPD vor, aus den jüngsten Stasi-Debatten „nichts gelernt“ zu haben. Fraktionschef Axel Vogel sagte, „tragende SPD-Funktionäre“ würden „den unzureichenden Umgang mit der DDR-Vergangenheit“ unter Stolpe „ausblenden und damit der Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte im Wege stehen“. CDU-Landesvizechef Sven Petke sagte der SPD eine „schmerzhafte Aufarbeitung der Geschichte“ voraus. Platzeck habe mit Rot-Rot ein Modell „von gestern“ gewählt.

Nach dem Fehlstart der Landesregierung durch die Debatte um die Stasi-Verstrickungen von sieben Linke-Abgeordneten hatte Platzeck Versäumnisse zugegeben, weil es seit 1991 keine systematische Stasi-Überprüfung im Landtag gab. Zugleich verteidigte er den Versöhnungskurs als schmerzlichen, aber für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtigen Prozess. Inzwischen gibt es mit der DDR-Bürgerrechtlerin Ulrike Poppe eine Stasi-Landesbeauftragte. Das Gesetz zur Stasi-Überprüfung der Parlamentarier hat sich indes verzögert. Nächste Woche werden auf CDU-Antrag Vertreter des thüringischen Landtags, Juristen und Experten der Stasiunterlagen-Behörde angehört.Alexander Fröhlich

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