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Brandenburg: Stasi-Mann als Herausgeber

Der Herausgeber des Cottbuser Anzeigenblattes "Der Märkische Bote", Jürgen Heinrich, hat als IMS Jochen jahrelang für die Staatssicherheit gearbeitet. Im Auftrag der Bezirksverwaltung Cottbus des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sollte Heinrich zuerst die Blockpartei LDPD ausforschen.

Der Herausgeber des Cottbuser Anzeigenblattes "Der Märkische Bote", Jürgen Heinrich, hat als IMS Jochen jahrelang für die Staatssicherheit gearbeitet. Im Auftrag der Bezirksverwaltung Cottbus des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sollte Heinrich zuerst die Blockpartei LDPD ausforschen. Er war laut Stasi-Unterlagen 1968 in die LDPD eingetreten und Mitarbeiter in der Cottbuser Bezirksredaktion der LDPD-Zeitung "Der Morgen" geworden. 1970 begann sein konspirativer Kontakt mit der Staatssicherheit. 1976 beauftragte das Ministerium für Staatssicherheit Jürgen Heinrich, unter den Journalisten des Bezirkes Cottbus zu spitzeln. Ausforschen sollte Heinrich auch, wer Kontakte in den Westen unterhielt.

In zwei am Wochenende veröffentlichten Beiträgen versuchte Jürgen Heinrich seine MfS-Mitarbeit zu erklären: "Ich hatte diesen Weg gewählt, um zunächst überhaupt als Journalist einige Bewegungsfreiheit zu erlangen ... Ich hielt es für möglich und hilfreich, ... Mängel zu thematisieren."

Ebenso wie viele andere Inoffizielle Mitarbeiter will er angeblich niemandem geschadet haben. "Es blieb dabei nicht aus, dass ich Personen Zeugnisse auszustellen hatte. Die meisten Betroffenen wissen davon und haben keinerlei Rufschaden erlitten, sondern vielmehr ihre Loyalität bestätigt bekommen", so Heinrich. Im Falle des von ihm bespitzelten Freundes und Kollegen Wolfgang Fröhlich, der wegen versuchter Republikflucht ins Gefängnis kam, behauptet Heinrich, dass er die Staatssicherheit auf eine falsche Fährte gelenkt und ihm alles verfügbare Geld für den Plan einer Republikflucht gegeben habe. Dem widerspricht jedoch die Tatsache, dass der Journalist Wolfgang Fröhlich, nachdem er nach der Wende seine Opferakte eingesehen hatte, Mitte der 90er Jahre bei der Gauck-Behörde eine Klarnamen-Auskunft beantragte. Dadurch wollte er absolut sicher sein, dass sich hinter dem Decknamen Jochen sein vermeintlicher Freund Jürgen Heinrich verbarg, was er bereits beim Aktenstudium befürchtet hatte. Ein offizielles Schreiben der Bundesbehörde vom 30. Januar 1997 brachte Fröhlich die Gewissheit über seine Vermutung. Wenige Monate später verstarb er in Süddeutschland.

Heinrichs "Märkischer Bote" hatte im vergangenen Jahr wiederholt Berichte anderer Medien über Filz und Korruption bei der kommunalen Gebäudewirtschaft Cottbus GmbH (GWC) angegriffen und versucht, auch bewiesene Vorgänge herunterzuspielen. Im August beteiligte sich Heinrich maßgeblich an einer Kampagne gegen die Chefreporterin der "Lausitzer Rundschau", Simone Wendler, die den GWC-Filz aufgedeckt hatte. Gegenstand ihrer Berichte war auch die Aufklärung über die Rolle von ehemaligen Stasi-Offizieren und früheren Spitzeln.

Andrea Hilscher

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