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Brandenburg: Steinwurf: Eine Frage der Vorsätzlichkeit

Der seit einem ausländerfeindlichen Anschlag querschnittsgelähmte Brite Noel Martin wird voraussichtlich von einer Auto-Versicherung entschädigt. Dabei handelt es sich um den Versicherer des Autos, das von den Tätern gestohlen worden war.

Der seit einem ausländerfeindlichen Anschlag querschnittsgelähmte Brite Noel Martin wird voraussichtlich von einer Auto-Versicherung entschädigt. Dabei handelt es sich um den Versicherer des Autos, das von den Tätern gestohlen worden war. Das Oberlandesgericht Brandenburg ließ bei der gestrigen Berufungsverhandlung durchblicken, dass es dem Antrag der Versicherung gegen ein entsprechendes Urteil des Potsdamer Landgerichts keine Aussicht auf Erfolg beimessen, sagte Sprecherin Ramona Pisal. Die Entscheidung wird am 19. September verkündet.

Aus dem Wagen heraus hatten zwei junge Männer am 16. Juni 1996 in Mahlow (Teltow-Fläming) einen schweren Stein auf das Auto des britischen Bauarbeiters Martin geworfen. Martin kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Das Potsdamer Landgericht hatte im Sommer 2000 entschieden, dass die Versicherung des gestohlenen Autos zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet ist. Dagegen ging der Versicherer in Berufung, da der Schaden aus seiner Sicht "nicht durch den Betrieb des Autos" verursacht worden sei.

Dies sah das Oberlandesgericht jedoch offensichtlich anders, denn der Vorsitzende Richter Christian Schäfer regte während der Verhandlung an, die Berufung zurückzunehmen. Er stellte klar, dass es nur eine Möglichkeit gebe, aus der Pflichtversicherung herauszukommen: "Nur, wenn die Tat und ihre Folgen bewusst und gewollt waren, dann haftet die Versicherung nicht." Doch im Fall von Martin sei nicht davon auszugehen, dass die Täter diese Folgen vorsätzlich hervorgerufen haben.

Schäfer verwies auch auf das Urteil gegen die Täter, die unter anderem wegen schwerer Körperverletzung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. "Hätte man ihnen nachweisen können, dass sie eine Querschnittslähmung oder den Tod Martins gewollt hätten, hätten sie wegen versuchten Totschlags oder versuchten Mordes bestraft werden müssen." Mehrfach betonte Schäfer die "menschenverachtende" Tat, die auch die Versicherung nicht bagatellisieren wolle. Deren Anwalt meinte jedoch, dass die Art und Weise des Anschlags dafür sprechen würde, dass auch die Folgen vorsätzlich herbeigeführt wurden. Der Anwalt von Noel Martin, Volker Ratzmann, wertete die Verhandlung als vollen Erfolg. Sollte das Oberlandesgericht das Urteil des Potsdamer Landgerichts bestätigen, müsste dieses über die Höhe der Schadenersatzzahlung entscheiden. Ratzmann geht davon aus, dass die Versicherung die Deckungshöchstsumme von 500 000 Mark zahlen muss. Der Anwalt will nach eigenem Bekunden die Versicherung auch noch zur Zahlung von Schmerzensgeld verklagen.

Das Potsdamer Landgericht hatte im vergangenen Sommer bereits die Täter zur Zahlung von einer halben Million Mark Schmerzensgeld sowie einer monatlichen Rente von 1000 Mark rückwirkend zum 1. Juli 1996 verpflichtet. Das Urteil ist rechtskräftig.

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