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Stellenbesetzung: Gerangel um Nachfolge am Verfassungsgericht

Die Stelle eines Laienrichters ist seit Wochen unbesetzt. Die SPD befürchtet einen Gesetzesbruch bei der Wahl.

Potsdam – Seit der rot-roten Regierungsbildung ist am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ein Posten vakant: Denn der frühere Verfassungsrichter und Strafverteidiger Volkmar Schöneburg (Linke) ist seither Justizminister. Und die Kür eines Nachfolgers für Schöneburg wird für den Landtag nach Tagesspiegel-Recherchen eine brisante Operation, die juristische und politische Fallstricke birgt. Und sie rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob Brandenburgs Verfassungsgericht bald nur noch aus professionellen Berufsrichtern bestehen soll, entgegen dem Anliegen der Landesverfassung.

Schon jetzt sorgt die Spitzen-Personalie hinter den Kulissen für Wirbel und Unruhe, zumal die Beteiligten eine Pannenserie wie vor der letzten Besetzung der Rechnungshofspitze vermeiden wollen. Alle Blicke richten sich dabei auf die Liberalen, die die Vorschlagsmöglichkeit für den Verfassungsrichter-Posten bekommen sollen, der mit Zwei-Drittel-Mehrheit vom Landtag gewählt werden muss.

„Es sieht so aus, als ob das an uns fällt und wir wollen das wahrnehmen“, bestätigt Hans-Peter Goetz, der Chef der FDP-Landtagsfraktion. „Es gibt bereits Gespräche mit anderen Parteien.“ Dass die FDP den Zugriff bekommen soll, ist nicht zwingend, hat aber folgenden Grund: Alle Verfassungsrichter sind von früheren Landtagen, die aus den drei großen Parteien bestanden, also auf Vorschlag von SPD, CDU oder Linken, gewählt worden. Doch seit der letzten Landtagswahl sitzen mit der FDP und den Grünen auch die Kleinen erstmals seit 1994 wieder im Parlament. Und in der Verfassung heißt es: „Bei der Wahl ist anzustreben, dass die politischen Kräfte des Landes angemessen mit Vorschlägen vertreten sind“.

Die Grünen wollen zunächst den Vortritt der etwas stärkeren FDP lassen. Die hat auch bereits konkrete Kandidaten im Blick, will aber keine Namen nennen, wie Goetz betont: „Es gibt keinen Juristenmangel.“ Auf Anfrage schloss der FDP-Fraktionschef nicht aus, dass die Liberalen womöglich einen weiteren Berufsrichter vorschlagen könnten. „Das ist für uns kein K.O.-Kriterium“. Dies wiederum passt zu anhaltenden Spekulationen um eine konkrete Personalie, nämlich, dass die FDP womöglich Ellen Chwolik-Lanfermann ins Rennen schicken will, die Ehefrau des FDP-Landesvorsitzenden Heinz Lanfermann. Die Juristin, die bereits am Bundesverfassungsgericht tätig war, leitet am Oberlandesgericht in Brandenburg an der Havel einen Zivilsenat. Chwolik-Lanfermann hatte sich 2006 bereits für das Amt des Rechnungshofpräsidenten beworben, als die SPD dies vor einigen Jahren mit der Parteisoldatin Britta Stark besetzen wollte, unterlag aber im weiteren Verfahren.

Die FDP sieht sich bei ihrer Suche bisher an keine Vorgaben gebunden. Es habe aber Hinweise von Verfassungsgerichtspräsident Rüdiger Postier gegeben, dass es möglichst kein Berufsrichter sein sollte, sagt Goetz. Denn alle jetzigen Verfassungsrichter sind oder waren Berufsrichter. In der Landesverfassung heißt es aber: „Das Verfassungsgericht setzt sich zu je einem Drittel aus Berufsrichtern, Mitgliedern mit der Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen und Mitgliedern zusammen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen müssen.“

Seit dem Ausscheiden des Künstlers Florian Havemann ist kein Laienrichter mehr, seit dem Wechsel des Strafverteidigers Schöneburg ins Justizministeramt auch kein Nicht-Richter-Jurist mehr vertreten. Vor diesem Hintergrund kommt ein dem Tagesspiegel vorliegendes aktuelles Kurzgutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages, das die Frage geprüft hat, denn auch zu einem eindeutigem Ergebnis: „Die Wahl eines weiteren Berufsrichters würde Artikel 112 Abs.2 LV verletzen“. Gerade bei der Wahl eines Verfassungsrichters, so heißt es in anderen Fraktionen, „sollte man die Landesverfassung einhalten.“ Thorsten Metzner

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