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Brandenburg: Stolpe schlichtet im Bildungsstreit

POTSDAM . Ministerpräsident Manfred Stolpe hat gestern im Landtag den Versuch unternommen, den Bildungsstreit mit der Opposition zu schlichten.

POTSDAM . Ministerpräsident Manfred Stolpe hat gestern im Landtag den Versuch unternommen, den Bildungsstreit mit der Opposition zu schlichten. Er bot CDU und PDS an, sich an der Entwicklung einer neuen Schulstruktur zu beteiligen. "Wir brauchen einen überparteilichen Reformprozeß", sagte Stolpe, es handele sich um eine Gesamtaufgabe für die Politik. Zuvor hatten die Oppositionsparteien der Regierung in einer von der PDS beantragten Aktuellen Stunde "schwerste Versäumnisse in der Bildungspolitik" und "bildungspolitisches Versagen" vorgeworfen. Bildungsministerin Angelika Peter wies dies als "inszenierte Show-Veranstaltung" und "Wahlkampfrummel" zurück. Das Schwadronieren "über angebliche Rückstände des Schulsystems" sei dem zentralen Thema Bildung abträglich.

Stolpes Ziel ist es offenbar, den Bildungsstreit nicht weiter eskalieren zu lassen. Dabei spielen auch Befürchtungen bei der SPD eine Rolle, daß der Konflikt den Landtags-Wahlkampf beherrschen und der alleinregierenden Partei am 5. September Punkte kosten könnte. Mit ihren Forderungen nach der Einführung von Kopfnoten und einem Zentralabitur sowie einer Verkürzung der Abiturzeit von 13 auf zwölf Jahre trifft die CDU, wie SPD-Politiker mit Sorge sehen, die Stimmung im Land.

Stolpe plädierte in seiner Rede dafür, die Keule Bildungspolitik im Wahlkampf nicht zu stark zu schwingen. Die Bildungspolitik sei in Deutschland in Bewegung, weil die Voraussetzungen geschaffen werden müßten, den Quantensprung in die Wissensgesellschaft zu bewältigen. Niemand, so Stolpe, sei in der Lage, ein Patentrezept auf den Tisch zu legen. Seine Regierung stelle sich dem notwendigen Reformprozeß: Schon ab dem Schuljahr 2000 werde mehr Mathe, Deutsch, Englisch und Computertechnik unterrichtet. Als zweiter Schritt werde der Umbau der Schulstruktur folgen.

Zuvor hatten PDS und CDU eine verheerende Bilanz neunjähriger SPD-Bildungspolitik gezogen: Eigene Ansätze während der Ampelkoalition hätten die Sozialdemokraten in der zweiten Legislaturperiode fallen gelassen und "anstelle bildungspolitischer Innovationen schlaffe Wurschtelei gesetzt", so PDS-Fraktionschef Lothar Bisky. Noch schlimmer sei, daß die SPD nicht mehr in der Lage sei, Kritik sachlich anzunehmen. "Deshalb wird die Kritik schärfer", so Bisky.

Auch CDU-Bildungsexpertin Carola Hartfelder warf der SPD vor, die Kritik der Öffentlichkeit zu ignorieren, obwohl sie immer massiver werde. Anstatt die Rahmenbedingungen an den Schulen grundsätzlich zu verbessern, verfalle die SPD in "konzeptionslosen Aktionismus".

Bisky hieb in die gleiche Kerbe: Die Bildungspolitik sei das ungeliebte Kind der Landesregierung. Der Aktionismus, mit dem die SPD jetzt aufgrund der Proteste aus der Bevölkerung versuche, die Krise anzugehen, beweise ihre Reformunfähigkeit. Mindestens 15 Punkte im Wahlproprogramm der SPD seien bei der PDS abgeschrieben, so Bisky. Und mindestens 25 bei der CDU, konterte Fraktionschef Hackel, der betonte, daß man das Thema Bildung im Landtagswahlkampf nicht auslassen werde. Die angeschlagene Bildungsministerin, die laut SPD-Politikern nach der Landtagswahl abgelöst wird, vertröstete mit den Worten, eine Schulreform komme nicht über Nacht. Im übrigen zog sie als einzige eine rundweg positive Bilanz.

MICHAEL MARA

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