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Brandenburg: Stolpe soll Brandenburg wichtiger machen

SPD-Jubel und CDU-Sorgen begleiten den Superminister ins Amt. Und die PDS fürchtet um ihre Ostkompetenz

Potsdam. Freude bei der SPD, Sorgen bei der CDU, geteilte Meinungen bei der oppositionellen PDS: Das sind die Reaktionen auf den Überraschungscoup des Kanzlers, Manfred Stolpe zum Superminister Bau, Verkehr und Aufbau Ost zu ernennen.

In der SPD wurde die Freude allerdings dadurch überschattet, dass ausgerechnet der brandenburgische Bundestagsabgeordnete, Stephan Hilsberg, die Berufung Stolpes scharf rügte: „Damit sitzt zum ersten Mal die Staatssicherheit mit am Kabinettstisch der Bundesrepublik“, sagte Hilsberg unter Anspielung auf die Stasi-Kontakte Stolpes. Das sei „die große Rolle rückwärts“. Hilsberg ist derzeit noch parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium, also dem Ressort, das künftig Stolpe leiten wird. Auf den Posten werde er auch nicht verzichten. Für diesen Affront kassierte Hilsberg umgehend Protest: Ihm fehle jedes Verständnis für Hilsbergs Äußerungen, sagte Regierungschef Matthias Platzeck und verlangt, die Parteigremien sollten sich damit befassen. Bei Platzeck und in der SPD-Landeszentrale standen die Telefone am Nachmittag nicht mehr still. Viele märkische Sozialdemokraten forderten Konsequenzen für Hilsberg: Sie reichten von Mandatsniederlegung bis Parteiausschluss.

Mit Stolpe sitze „der populärste Brandenburger im Bundeskabinett“, sagte Platzeck. Auf Bundesebene bedeute das „einen nicht zu übersehenden Bedeutungszuwachs für das Land", kommentierte SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch. Landesgeschäftsführer Klaus Ness sagte, „dass die dominierende Rolle der Brandenburger SPD im Osten damit gestärkt" werde. Platzeck betonte, dass Stolpe wie kein anderer für diese Aufgabe geeignet sei: Er habe langjährige Erfahrungen beim Aufbau Ost und sei im Westen anerkannt. Er sei sicher, so Platzeck, dass Stolpe „ein guter gesamtdeutscher Minister“ werde.

Parteistrategen verhehlen nicht, dass man mit der Berlin-Potsdamer-Doppelspitze bei der Landtagswahl in zwei Jahren „punkten“ wolle. Der Koalitionspartner CDU reagierte denn auch eher säuerlich auf den „Aufbau-Ost-Minister“ Stolpe: Er sei nach dem Leipziger OB Tiefensee praktisch zweite Wahl, sagte Schönbohm. Doch wisse man ja, dass Stolpe ein Pflichtmensch sei. Schönbohm argwöhnte, dass der Kanzler mit Stolpe Ost-Defizite im Regierungsprogramm überdecken wolle. CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger hieb in die gleiche Kerbe: Die deutliche Benachteiligung des Ostens, wie sie auch bei der beschlossenen Kürzung der Eigenheimzulage zum Ausdruck komme, könne auch ein so populärer Politiker wie Stolpe „nicht auffangen“.

Auch PDS-Landeschef Ralf Christoffers meldete Zweifel an, ob Stolpe, die „Hoffnungen" erfüllen könne. In Brandenburg habe er eine schlechte Wirtschaftsbilanz und fehlgeschlagene Projekte wie den Lausitzring hinterlassen. Hingegen lobte PDS-Fraktionschef Lothar Bisky Stolpes Berufung. Dessen Engagement für Ost-Interessen stehe außer Zweifel. Doch gibt es Befürchtungen bei den Sozialisten, dass durch die Berufung Stolpes die PDS in der Auseinandersetzung mit der SPD um die Ost-Interessenvertretung noch weiter ins Hintertreffen geraten könne.

Michael Mara

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