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Brandenburg: Straßenschlacht auf der Datenautobahn

Extremisten bekämpfen sich jetzt auch im Internet. Gerade haben Linke die Seiten von Rechten blockiert

Berlin/Potsdam – Linke und rechte Extremisten bekämpfen sich jetzt auch im Internet. In der Nacht zu Sonnabend haben unbekannte Antifaschisten eine der bekanntesten Neonazi-Seiten abgeschaltet. Unter anderem war der „Freie Widerstand“ vom Hamburger Neonazi Christian Worch genutzt worden, der dort zu den von ihm organisierten Demos in Berlin und Potsdam mobilisiert hatte. „Konnte keine Verbindung zur Datenbank herstellen“ – das war der einzige Satz, der gestern Mittag von der Seite „www.freier-widerstand.net“ übrig geblieben war. Zu dieser Zeit hatten die Verantwortlichen der rechten Seite immerhin schon die höhnischen Sprüche der Antifa-Szene von der Seite genommen. Bekannt geworden ist der „Hack“, wie es im Szenejargon heißt, durch eine Selbstbezichtigung einer Gruppe „binary battle unit“ auf der linksautonomen Internetseite „www.de.indymedia.org“. Dort wurde die Aktion gestern regelrecht bejubelt. Die Täter bieten jetzt sämtliche – auch internen – Daten der gehackten Seite zum Herunterladen an. Die linken Computerspezialisten haben ganze Arbeit geleistet, denn auch die Duplikate vom Freien Widerstand unter anderen www-Adressen sind tot.

Diese Aktion ist der Höhepunkt einer ganzen Reihe von ähnlichen „Hack“-Aktionen, von denen in den vergangenen Wochen vor allem Internet-Shops der rechten Szene für Bekleidung und CDs betroffen waren. Mehrfach wurden die vollständigen Adressen sämtlicher Kunden von den Linken veröffentlicht – verbunden mit dem Aufruf, doch „Hausbesuche“ zu veranstalten. Die rechte Szene reagiert besorgt: „Es ist mit Übergriffen zu rechnen“, heißt es auf einer – noch funktionierenden – Internet-Seite von Berliner Rechtsextremisten. Vermutlich ebenfalls Opfer linker Hacker wurde eine andere Berliner Neonazigruppe. Wer gestern „Nationale Aktivisten Prenzlauer Berg“ besuchen wollte, wurde automatisch zu einer Werbeseite auf einem Südseeatoll weitergeleitet. Die Hintergründe sind unklar.

Schon am Montag könnten Linke und Rechte auch auf der Straße zusammentreffen, da die Potsdamer Antifa zum Tag der Deutschen Einheit zu einer Demo aufruft, die um 15 Uhr am Luisenplatz in Potsdam beginnen soll. Anfang November planen Neonazis eine weitere Demo in Potsdam, die vom Szene-Führer Christian Worch angemeldet worden ist.

Wie berichtet, haben die Landeskriminalämter Berlin und Brandenburg im Sommer Sonderkommissionen wegen der zunehmenden Links-Rechts-Radikalisierung eingerichtet. Seit Wochen vergeht kaum ein Tag ohne Übergriffe, zudem beobachten die Experten der Polizei eine zunehmende Vernetzung zwischen Berliner und Potsdamer Aktivisten beider Überzeugungen. In der vergangenen Woche hatte vor allem die Attacke gegen die Aufführung des Stücks „Hallo Nazi“ im Cottbusser Theaterpavillon Aufsehen erregt. Unbekannte – vermutlich aus der rechten Szene – hatten dort 17 Scheiben eingeworfen. Vergangenen Sonntag hatten rechte Schläger im Ortsteil Oberschöneweide zweimal mutmaßliche „Linke“ und Ausländer mit Pfefferspray und Bierflaschen angegriffen.

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