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Brandenburg: Strausberg droht neue Schadenersatzklage

Der Stadt Strausberg steht erneut Ärger wegen eines Grundstücksgeschäftes bevor. Anders als bei den bisherigen Fällen geht es diesmal jedoch nicht um fehlerhafte Rückübertragungen, sondern um einen Grundstücksverkauf, den die Stadtverordneten nach Darstellung eines Unternehmers im letzten Moment platzen ließen.

Der Stadt Strausberg steht erneut Ärger wegen eines Grundstücksgeschäftes bevor. Anders als bei den bisherigen Fällen geht es diesmal jedoch nicht um fehlerhafte Rückübertragungen, sondern um einen Grundstücksverkauf, den die Stadtverordneten nach Darstellung eines Unternehmers im letzten Moment platzen ließen.

Drei Jahre lang bereitete die "Leysieffer & Co. Projektentwicklung" den Bau eines Aldi-Marktes an der Hohensteiner Chaussee vor. Rund zwei Drittel des etwa 5000 Quadratmeter großen Grundstückes sollten vom Bundesvermögensamt, der Rest von der Stadt gekauft werden. Nach Aussage von Leysieffer-Mitarbeiter Manfred Wolf hat die Stadt im Laufe der Verhandlungen immer neue Wünsche geäußert, etwa den Ausbau einer Straße, die Installation einer Ampel oder die Einrichtung eines Grünstreifens. "Für diese Wünsche haben wir stets Zusagen gegeben", sagt Wolf. Umgekehrt habe Vize-Bürgermeister Lothar Nicht (PDS) stets zugesagt, dass die Stadt das Areal entbehren könne. Kurz vor Abschluss des Geschäftes habe Strausberg plötzlich einen Rückzieher gemacht: Die Stadtverordneten stimmten in geheimer Sitzung mehrheitlich gegen den Verkauf - ohne offizielle Begründung.

Lothar Nicht, der in Strausberg für Wirtschaftsförderung und Grundstücksgeschäfte zuständig ist, sagt: "Wir haben dieser Firma immer wieder gesagt, dass die Stadtverordneten dem Verkauf zustimmen müssen." Weiter wolle er sich im Moment nicht äußern, um der Prüfung durch den "Kommunalen Schadensausgleich" (KSA) nicht vorzugreifen. Der KSA ist eine Art Versicherung der Stadt gegen mögliche Schadensersatzforderungen. Leysieffer hat sich bereits mehrmals an den KSA gewandt, um seine bisherigen - nun offenbar vergeblichen - Investitionen ersetzt zu bekommen. Nachdem der KSA vor wenigen Tagen eine Zahlung abgelehnt hat, wollen die Projektentwickler nun 750 000 Mark Schadensersatz von der Stadt oder der - laut Leysieffer aus Steuergeld finanzierten - Versicherung. Eine entsprechende Klage solle möglichst bald eingereicht werden.

Der Strausberger CDU-Fraktionsvorsitzende Horst Fröhlich hält das Nein der Stadtverordneten für eine "rein politische, aber ökonomisch unvernünftige Entscheidung", zumal das Grundstück "anderweitig ohnehin nicht mehr zu verkaufen wäre". Offenbar habe die Stadtverwaltung geglaubt, um eine Klage herumzukommen. In der Ablehnung der Stadtverordneten sieht er den misslungenen Versuch, den Markt stattdessen in die Altstadt zu holen. Tatsächlich hatte die Stadt den Investoren stets auch ein brachliegendes Grundstück in der City angeboten, das laut Leysieffer allerdings für den Markt völlig ungeeignet ist. "Alle paar Monate fingen die wieder mit diesem Alternativgrundstück an", sagt Wolf über die Gespräche mit der Stadtverwaltung. CDU-Mann Fröhlich resümiert: "Ist der Ruf erst ruiniert, benimmt man sich ganz ungeniert."

Doch nicht nur diese neue Angelegenheit dürfte am ohnehin verheerenden Image der Stadt kratzen: Die "Interessengemeinschaft gegen Vermögensunrecht" (IGV), die sich seit langem um die Aufarbeitung von dubiosen Strausberger Immobiliengeschäften bemüht, hat Strafanzeige gegen insgesamt sechs Behördenvertreter erstattet: Dem ehemaligen sowie dem amtierenden Landrat von Märkisch Oderland wirft die IGV vor, illegale Strausberger Grundstücksgeschäfte geduldet oder sogar davon profitiert zu haben. Ebenfalls angezeigt wurde der noch amtierende Bürgermeister Jürgen Schmitz (SPD), der erst in dieser Woche überraschend seine erneute Kandidatur für die Wahl im kommenden Februar angekündigt hatte. Außerdem der einstige Vize-Bürgermeister Wolfgang Winkelmann, der als Schlüsselfigur in dem Skandal gilt, sowie ein ehemaliger Wirtschaftsdezernent. Einer Staatsanwältin wirft die IGV Strafvereitelung im Amt vor, weil sie Ermittlungen gegen Strausberger Bedienstete entweder gar nicht aufgenommen oder zu Unrecht eingestellt habe - obwohl diese sich offenkundig strafbar gemacht hätten.

Ein Sprecher der Brandenburger Generalstaatsanwaltschaft sagte, die Anzeige sei nicht eingegangen. Die Potsdamer Anklagebehörde bezeichnete die von der IGV gegen die Staatsanwältin erhobenen Vorwürfe als abwegig: "Diese Anfeindungen werden ersichtlich erhoben, um in der Presse eine erneute Diskussion zu erreichen." Momentan liefen noch drei Ermittlungsverfahren gegen Strausberger Vertreter; die übrigen Verfahren seien - teilweise nach nochmaliger Prüfung durch die Generalstaatsanwaltschaft - eingestellt worden.

Doch selbst wenn die Art, nach der in Strausberg Immobiliengeschäfte ablaufen, strafrechtlich nicht relevant sein sollte: Zivilrechtliche Schadensersatzforderungen sind davon unberührt. Ein Stadtverordneter sagt: "Unsere finanzielle Situation ist derart desolat, dass wir überhaupt nicht wissen, wovon wir die Entschädigungen bezahlen sollen." Seinen Namen wolle er jedoch auf keinen Fall in der Zeitung lesen.

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