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Brandenburg: Strausberg muss Schadenersatz zahlen

Strausberg. Strausberg muss höchstwahrscheinlich für Fehler der Verwaltung Anfang der neunziger Jahre hart büßen.

Strausberg. Strausberg muss höchstwahrscheinlich für Fehler der Verwaltung Anfang der neunziger Jahre hart büßen. Allein für die Veräußerung eines im Zentrum gelegenen ehemaligen Kaufhauses kommen Schadenersatzforderungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro auf die am Berliner Stadtrand gelegene Kleinstadt zu. Das Oberlandesgericht in Brandenburg (Havel) bestätigte gestern ein Urteil des Landgerichtes Frankfurt (Oder), das die Stadt zur Zahlung einer Summe in dieser Höhe an die Erben des Kaufhauseigentümers verpflichtet hatte. Gleichzeitig ließ es aber eine Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof zu.

Während der Nazi-Zeit hatte der jüdische Geschäftsmann Louis London sein Strausberger Kaufhaus zwangsweise verkaufen müssen. 1991 veräußerte die damalige Stadtspitze das Gebäude an eine Baugesellschaft. Die Erben Londons wurden gar nicht vom Verkauf in Kenntnis gesetzt. Erst in einem Restitutionsverfahren wurden deren Ansprüche berücksichtigt. Die umgerechnet 200000 Euro, die die Baugesellschaft für das Haus gezahlt hatte, gingen schließlich an die Erbengemeinschaft. Deren Anwälte wiesen der Stadt allerdings einen viel zu geringen Verkaufspreis nach. Gutachter bezifferten den Verkehrswert des Hauses in zentraler Lage auf 1,2 Millionen Euro. Nachdem sich Strausberg weigerte, diese Summe zu zahlen, zogen die Erben vor Gericht und erhielten Recht. Strausbergs neugewählter Bürgermeister Hans Peter Thierfeld (parteilos) sagte gestern: „Wir warten die schriftliche Begründung des Urteils vom Oberlandesgericht ab und werden dann entscheiden.“ Die Stadtverordnetenversammlung werde dann über eine Revision beim Bundesgerichtshof entscheiden. „Als Bürgermeister muss ich möglichst Schaden von der Stadt abwehren“, meinte Thierfeld. „Deshalb werde ich genau prüfen, ob wir wirklich alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen sollten.“ Er rechne in zehn Tagen mit einer Entscheidung. Das alte Parlament hatte einen Vergleich mit den Erben abgelehnt.

Im Haushalt der Stadt fehlen schon jetzt 5,7 Millionen Euro. Der Bürgermeister will zwar in Kürze eine ausgeglichene Bilanz vorlegen, aber die Schadenersatzforderung würde einen Strich durch alle neuen Rechnungen der Stadtverwaltung machen. Nicht für ausgeschlossen hält Thierfeld, dass gegen die 1991 im Amt befindliche Stadtspitze Regressforderungen erhoben werden. „Wir wollen zwar nach vorn schauen und einen neuen Dialog mit allen Kräften starten“, kündigte der vor wenigen Wochen zum Rathauschef gewählte Geschäftsmann an. „Aber wenn vor elf Jahren wirklich Fehler gemacht worden sind, müssen sie aufgeklärt werden.“ Claus-Dieter Steyer

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