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Brandenburg: "Tag des Denkmals": Horno stellt sich selbst unter Schutz

An Erfindungsgeist herrscht in dem um seine Existenz kämpfenden Niederlausitz-Dorf Horno kein Mangel. Denn während gestern Tausende Neugierige vielerorts alte Maschinenhallen erkundeten, durch sonst nicht zugängliche Gänge kletterten, auf Dachböden alter Gemäuer balancierten und sich von alten Straßenbahnen und Omnibussen begeistern ließen, stellte sich Horno zum "Tag des offenen Denkmals" kurzerhand selbst unter Schutz.

An Erfindungsgeist herrscht in dem um seine Existenz kämpfenden Niederlausitz-Dorf Horno kein Mangel. Denn während gestern Tausende Neugierige vielerorts alte Maschinenhallen erkundeten, durch sonst nicht zugängliche Gänge kletterten, auf Dachböden alter Gemäuer balancierten und sich von alten Straßenbahnen und Omnibussen begeistern ließen, stellte sich Horno zum "Tag des offenen Denkmals" kurzerhand selbst unter Schutz.

Die Dorfkirche, die nach Plänen des Bergbaubetriebs Laubag bis 2002 wie der ganze Ort verschwinden soll, war Schauplatz von kulturhistorischen Vorträgen und Führungen. Am Nachmittag trafen sich die Mehrzahl der 350 Einwohner und viele Gäste zu einer Mahnandacht für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung.

Damit reagierte die Kirchengemeinde nicht zuletzt auf die Mahnwache von Kumpeln vor dem Dorf. Tag und Nacht stehen sie am Ende August abgeschalteten Bagger. Denn Frauen und Männer fürchten um ihre Arbeitsplätze, nachdem ein Grundstückseigentümer vor Gericht erfolgreich gegen seine drohende Enteignung geklagt hatte. 66 Beschäftigte befinden sich seit Ende August in Kurzarbeit. Die meisten von ihnen, so berichteten sie gestern, müssen sich mit 60 Prozent des vormaligen Nettoverdienstes zufrieden geben. "Wenn nicht bald etwas passiert, sind die Jobs von weiteren 150 Arbeitern gefährdet", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Helmut Franz.

Das Wochenende hätten Menschen aus der ganzen Region der Mahnwache Mut zugesprochen, berichteten die um ein Holzfeuer sitzenden Kumpel. Darunter seien Beschäftigte vieler Firmen gewesen, die durch den Baggerstopp nun ebenfalls um Aufträge fürchten. Zusätzlich hat der Spruch des Bundeskanzlers die Situation angeheizt. "Wenn die Laubag hustet", so hatte er bei seiner Kurzvisite an der Mahnwache formuliert, "besteht die Gefahr, dass die ganze Region erkrankt." Dementsprechend sehen die Kumpel nur in einer Abbaggerung von Horno eine Chance für ihre Jobs. Insgesamt seien 4000 Arbeitsplätze im Tagebau und im vier Kilometer entfernten Kraftwerk in Gefahr, sagt der Gewerkschafter Franz.

Eine von den Einwohner geforderte Umfahrung von Horno kommt aus Sicht der Bergleute ebenso nicht in Frage wie der Transport der Kohle aus anderen Tagebauen. "Viel zu teuer", winkt der Betriebsratschef ab. Sie wollten keine Subventionen, sondern ihr Auskommen mit ehrlicher Arbeit verdienen.

Hornos Pfarrerin Dagmar Wellenbrink spricht zur gleichen Zeit in der vollbesetzten Kirche von der Hoffnung auf eine friedliche Lösung. "Wir wollen keine Fronten aufbauen, sondern Auswege sowohl für die Einwohner als auch die Arbeiter suchen", sagt sie. Die Kirchengemeinde und der Ortsvorstand seien zu Gesprächen bereit, gerade bei den bevorstehenden Verkaufsverhandlungen über die Laubag und das Energieunternehmen Veag. Experten hätten der Kirchengemeinde versichert, dass kein einziger Arbeitsplatz bei einer Umfahrung Hornos durch die Kohlebagger gefährdet sei.

Die Kirchengemeinde wählte die Mahnandacht gerade am "Tag des offenen Denkmals" mit Bedacht. "Schließlich ist der Denkmalschutz der Bewahrung wertvoller Dinge und nicht der Zerstörung verpflichtet", erklärt die Pfarrerin.

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