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Brandenburg: Tausende stellten sich den Neonazis in den Weg

Mit einem Tag der Demokraten verhinderte ein breites Bündnis das „Heldengedenken“ der Rechtsextremisten auf dem Waldfriedhof Halbe

Von Frank Jansen

Halbe- Sie kamen, um den Neonazis weder den Tag noch den Ort zu überlassen. Mehr als 1000 Menschen, darunter mehrere Minister der Landesregierung und weitere Politiker, haben am Sonnabend auf dem Waldfriedhof Halbe der Opfer des Krieges und des NS-Regimes gedacht. In seiner Ansprache zu Beginn der Veranstaltung mahnte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU): „Wir dürfen nicht zulassen, dass Halbe ein symbolträchtiger Demonstrationsort für Rechtsextremisten und Ewiggestrige wird.“ Schönbohm vertrat Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der kurzfristig wegen der Regierungsbildung in Berlin abgesagt hatte. Während der Ansprache des Innenministers sammelten sich in den Straßen von Halbe bereits Neonazis, die am Nachmittag zum Friedhofsvorplatz marschieren wollten. Die Polizei war mit 2000 Beamten präsent.

Schönbohm rief die Teilnehmer der Gedenkfeier dazu auf, sich auch an der Veranstaltung der Nazi-Gegner in Halbe zu beteiligen, dem „Tag der Demokraten“. Die Rechtsextremisten hätten „hier keinen Platz“, so Schönbohm, „das wird das Signal sein, das von diesem Tag ausgeht“. Der Minister und Vorsitzende der Brandenburger CDU betonte seine Genugtuung darüber, dass Politiker und Anhänger aller demokratischen Parteien nach Halbe gekommen waren. Darunter befanden sich auch Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) und sein Amtskollege aus Berlin, Walter Momper (SPD).

Zu den Teilnehmern der Gedenkfeier zählten außerdem Vertreter der Kirchen, der Gewerkschaften, der Bundeswehr, der polnischen und der französischen Botschaft sowie russische Veteranen des Zweiten Weltkriegs. In Halbe und Umgebung hatte im April 1945 eine Kesselschlacht getobt, bei der etwa 60 000 Menschen den Tod fanden. 22 000 Soldaten und Zivilisten, darunter auch ehemalige Zwangsarbeiter, sind auf dem Waldfriedhof begraben.

Die Neonazis wollten wie im vergangenen Jahr die gefallenen Soldaten von Wehrmacht und Waffen-SS glorifizieren. Da die Rechtsextremisten nicht sicher waren, ob sie in Halbe marschieren können, hatten sie auch eine Demonstration in Potsdam angemeldet – wo sie vor einer Woche angesichts der Übermacht von Gegendemonstranten nicht marschieren konnten. Die Demonstration in Halbe hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) am Freitag erlaubt. Das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) hatte den Neonazis nur eine Kundgebung weit entfernt vom Friedhof zugestehen wollen.

Nach der offiziellen Gedenkfeier blockierten rund 2200 Demonstranten im Ortszentrum von Halbe den beabsichtigten Schweigemarsch der Neonazis zum Waldfriedhof. „Wir bleiben hier stehen“, sagte SPD-Fraktionschef Günter Baaske: „Das ist unsere Straße der Demokratie.“ Auch die Vize-Vorsitzende der Linkspartei, Dagmar Enkelmann, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und der designierte SPD-Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt standen in der ersten Reihe der Blockierer auf der Lindenstraße. So kamen die etwa 1700 Rechtsextremisten nicht weiter.

Die Polizei hielt mit Absperrgittern Neonazis und Gegendemonstranten auf Distanz, verzichtete aber darauf, die Blockade zu beenden und damit den Rechtsextremen den Weg zu bahnen. Bis zum Abend nahm die Polizei einen Rechtsextremisten in Gewahrsam, insgesamt blieb es aber friedlich. Gegen 17.30 Uhr zogen die Neonazis ab. Landtagspräsident Gunter Fritsch rief den Gegendemonstranten zu: „Ich freue mich, dass ihr so viel Geduld aufgebracht habt. Wir haben gezeigt, dass unser Land den Demokraten gehört – auch in Halbe.“

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