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Brandenburg: Tempelhof: Überraschende Wende

Flugbereitschaft der Bundesregierung prüft den Standort – wie es Wowereit verlangt hatte

Überraschende Wende im Streit um den Flughafen Tempelhof: Das Verteidigungsministerium prüft, ob die Anlage in Zukunft von der Flugbereitschaft der Bundesregierung genutzt werden kann. Wenn die Bundesregierung diesen Wunsch habe, könne man darüber reden, hatte vor kurzem der Regierende Bürgermeister und bisherige Schließungsbefürworter Klaus Wowereit (SPD) erklärt. Jetzt ist es so weit: „Tempelhof ist eine Option für die Stationierung der Flugbereitschaft“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministerium gestern dem Tagesspiegel. Eine Entscheidung solle noch in diesem Jahr fallen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte gestern der „Berliner Morgenpost“, Wowereit müsse nun Farbe bekennen. Sie wolle über eine weitere Nutzung von Tempelhof diskutieren.

Die Eigentümer der Flughafengesellschaft, Berlin, Brandenburg und der Bund, müssten dann den vorliegenden Schließungsbeschluss aufheben lassen oder zumindest modifizieren. Dies hatten sie bisher unisono ausgeschlossen, so dass ein Weiterbetrieb von Tempelhof, wie es die dortigen Fluggesellschaften wollen, nur nach einer erfolgreichen Klage vor Gericht möglich gewesen wäre.

Würde die Flugbereitschaft der Bundesregierung nach Tempelhof ziehen, könnte dort auch weiter ziviler Verkehr statt finden, hieß es im Verteidigungsministerium. Er würde nicht stören.

Die Flugbereitschaft, die ihre Maschinen in Berlin bisher in Tegel stationiert, hat noch nicht entschieden, wo nach der Aufgabe des Flugbetriebs in Tegel der künftige Standort sein soll. Es sei auch möglich, auf den neuen BBI-Flughafen in Schönefeld zu ziehen, so der Sprecher. Beeinflusst wird die Entscheidung auch von der Frage, ob die Flugbereitschaft neue Maschinen kaufen wird. Auch dies soll bis Jahresende geklärt sein.

Bei einem Votum für Tempelhof würden dort aber nur kleinere Maschinen und Hubschrauber stationiert. Für die sieben Airbus-Typen, die bisher in Köln/Bonn beheimatet sind, müssten neue Hangars in Berlin gebaut werden. Hier sei es sicher besser, die vorhandenen Anlagen in Köln/Bonn weiterzunutzen, sagte der Sprecher.

Unterdessen setzt sich die Berliner Luftfahrtpolitik vor Gericht fort. Nach den angekündigten Klagen der Tempelhofer Fluggesellschaften gegen die Schließung des Flughafens zum 31. Oktober 2007, gibt es jetzt eine weitere Klage in Tegel. Die Initiative „Bürger gegen das Luftkreuz“ will vor Gericht den Bau des neuen Ost-Terminals verhindern. Um Tempelhof schließen zu können, muss die Flughafengesellschaft aber bis zum 15. Dezember nachweisen, dass die umziehenden Fluggesellschaften ausreichend Platz in Tegel und Schönefeld haben werden.

Offiziell begründet die Flughafengesellschaft den Neubau in Tegel damit, verlorene Kapazitäten zurückgewinnen zu wollen. Durch strengere Vorschriften bei den Sicherheitskontrollen könnten in Tegel pro Schalter in der Stunde statt wie früher 180 Passagiere jetzt nur noch 120 abgefertigt werden. Im Jahr seien dies 1,5 Millionen Passagiere weniger. Allerdings soll der Neubau eine Kapazität von 2,5 Millionen Fluggästen bieten. Rechnerisch könnten so die etwa 500 000 jetzt über Tempelhof fliegenden Passagiere in Tegel mit abgefertigt werden.

Einen Zusammenhang zwischen dem Terminalneubau in Tegel und dem Schließungsbeschluss für Tempelhof gebe es aber nicht, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel.

Nach Tagesspiegel-Informationen soll in Tegel aber auch die Zahl der Starts und Landungen pro Stunde erhöht werden. Statt 41 „Bewegungen“ sollen in Zukunft 47 möglich sein. Ende des Monats werden auf einer Konferenz in München die Eckwerte für die Zahl der Flugbewegungen auf den Flughäfen festgelegt. Bei der Flughafengesellschaft heißt es dazu lediglich, derzeit werde eine Studie zu den künftigen Eckwerten erstellt.

Und in Tegel läuft noch eine weitere Klage gegen den bereits 2001 fertiggestellten Abfertigungsbereich im Parkhaus P 2. Rechnerisch gab es nach dem Bau Platz für zwei Millionen Passagiere zusätzlich. Die Flughafengesellschaft sprach aber nur von „kapazitätsausschöpfenden Maßnahmen“.

Gebaut wurde aufgrund einer einfachen Baugenehmigung, die das Bezirksamt Reinickendorf jetzt auch wieder für den Ost-Terminal erteilt hat. Nach Ansicht der Kläger wäre jedoch ein aufwändiges Planfeststellungsverfahren erforderlich gewesen, was den Bau um Jahre verzögert hätte. Sollten die Kläger damit vor Gericht Erfolg haben, würden die Karten in Tegel neu gemischt. Wann das Oberverwaltungsgericht die Klage aus dem Jahr 2001 entscheiden wird, steht nicht fest.

Der Ost-Terminal soll nach Angaben der Flughafengesellschaft zum Sommerflugplan 2007 bezugsfähig sein. Dass die Arbeiten in einem Eilverfahren gestoppt werden könnten, sei unwahrscheinlich, sagt auch Johannes Hauenstein von der klagenden Bürgerinitiative.

Ein weiteres Verfahren läuft zudem vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Flughafengesellschaft hat sechs Abstellplätze für Flugzeuge im nördlichen Teil aufgegeben und im Süden sechs neue gebaut. Auch dagegen geht die Initiative vor, die dafür ebenfalls ein Planfeststellungsverfahren für erforderlich hält.

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