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Der Professor Ulrich von Alemann.

© picture alliance / dpa

Grün-Schwarz in Baden-Württemberg: „Roter Teppich für den Bund“

Am Donnerstag nimmt in Baden-Württemberg die erste grün-schwarze Landesregierung ihre Arbeit auf. Was bedeutet das für den Bund? Drei Politikexperten geben Antworten.

Ulrich von Alemann, Professor für Politikwissenschaft und Parteienforscher:

Grün-Schwarz in Baden-Württemberg läutet eine Zeitenwende ein. Die traditionelle Unvereinbarkeit der beiden Parteien ist gefallen, die Koalition nicht mehr nur ein Experiment wie in Hessen. Nun gibt es eine Juniorpartnerschaft der CDU in einem Land, das in der Fläche traditionell konservativ ist. Auch die Ergebnisse der anderen beiden Landtagswahlen im März zeigen: Die Zweilagertheorie in unserem Parteiensystem mit Union und FDP auf der einen und Grünen, SPD und Linken auf der anderen Seite ist endgültig passé. In allen drei Ländern beobachten wir unerhörte Bündnisse. Zwischen Schwarz und Grün gibt es nun genug Brücken, um eine Koalition auch auf Bundesebene denkbar zu machen. Wenn das nächste halbe Jahr in Baden-Württemberg reibungslos verläuft, stehen die Chancen gut dafür, dass das ein Probelauf für den Bund wird. Allerdings birgt diese neue Koalitionsfähigkeit auch Risiken. Sie kann zu einer noch stärkeren Polarisierung zwischen der AfD und den bislang im Bundestag vertretenen Parteien führen.“

Der Politikberater und Journalist Michael Spreng.
Der Politikberater und Journalist Michael Spreng.

© picture alliance / dpa

Michael Spreng, Politikberater:

„Wenn die Koalition in Baden-Württemberg funktioniert, dann ist das die entscheidende Voraussetzung, quasi ein roter Teppich, für Schwarz-Grün im Bund. Die Optionen von Frau Merkel hat das Wahlergebnis in Baden-Württemberg eindeutig erweitert. Sie kann nach der Bundestagswahl wohl zwischen einer großen Koalition, Jamaika und Schwarz-Grün wählen. Eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene ist zwar schwieriger als in Baden-Württemberg, weil die Bundesgrünen weiter links stehen als die im Ländle. Aber das Entscheidende ist das Wahlergebnis. Abgesehen davon sehe ich keine Hürden – es gibt keine grundsätzlichen ideologischen Unterschiede mehr. Dass die CDU in Baden-Württemberg den Juniorpartner gibt, erleichtert die Annäherung zusätzlich.“

Der Demoskop Richard Hilmer.
Der Demoskop Richard Hilmer.

© Thilo Rückeis

Richard Hilmer, Demoskop

Grün-Schwarz in Baden-Württemberg ist eine Zäsur. Dass die CDU als Juniorpartner in dieses Bündnis geht, trifft die Christdemokraten hart. Daran müssen sie sich erst gewöhnen. Und auch wenn Schwarz-Grün im Bund durch die Koalition in Baden-Württemberg etwas wahrscheinlicher wird, stünde das Bündnis vor erheblichen Schwierigkeiten. Denn im Bund würden zu dieser Koalition ja drei Parteien gehören: neben CDU und Grünen auch die CSU. In vielen Punkten wie Sicherheit, Bildung und Flüchtlinge steht diese in ihren Ansichten diametral zu den Grünen. Und weil die CSU in Bayern im Jahr nach der Bundestagswahl eine Landtagswahl bestreiten muss, wird sie kaum Kompromisse machen wollen und eher versuchen, ihr Profil zu schärfen. Dazu kommt: Wir haben ein politisches System, in dem die Länder über den Bundesrat ein Mitspracherecht haben. Schwarz-Grün hat im Bundesrat aber nicht annähernd die Mehrheit, kann sich nur auf zwei Länder berufen. Es bräuchte also immer den Kompromiss mit der SPD. Das ginge in Richtung einer Allparteienregierung. Schwarz-Grün im Bund ist auch nach Baden-Württemberg also alles andere als ein Selbstläufer.“

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