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Käme beim Kindergeburtstag gut an: Hähnchennuggets mit Pommes.

© Pöppl

Kantine im Bundesinnenministerium: Keine Experimente in de Maizières Küche

Das Kantinenessen im neuen Innenministerium bietet soliden Mittagstisch. Teil 4 der Serie.

Am grauen Washingtonplatz wirbt eine Ausstellung für das bunte Mexiko. Doch der Weg vom Hauptbahnhof zum Bundesinnenministerium (BMI) ist an diesem regnerischen Apriltag eher trist, die Hotel- und Geschäftsneubauten protzen mit Glas- und Marmorfassaden, noch steht vieles leer. Die neu angelegten Straßen sind eng, benannt sind sie nach unbekannten Heldinnen wie Ella Trebe und Katharina Paulus, die erste war eine Widerstandskämpferin im Dritten Reich, die zweite eine Luftfahrtpionierin, die, wie man in "Kauperts Straßenführer" nachlesen kann, auch den zusammenlegbaren Fallschirm erfunden hat.

Direkt vor dem BMI-Neubau, der im April 2015 bezogen wurde, steht der schöne Fachwerkbau des Paris–Moskau, einst ein einsames gastronomisches Juwel nahe der Mauer. Ob Innenminister Thomas de Maizière hier Staatsgäste bewirtet? Die hätten es gut. Die Speisekarte verspricht ein Mittagsmenü mit gratiniertem Ziegenkäse, geschmorter Lammkeule und Rhabarberküchlein mit Erdbeersalat und Vanilleeis für 34 Euro. Leider keine Alternative, denn die Kantine des BMI wartet auf ihre Begutachtung.

Aus Sicherheitsgründen darf nicht jeder Besucher rein ins Ministerium, am schwer bewachten Eingang die übliche Prozedur: den Personalausweis bei der Bundespolizei abgeben, Besucherausweis anheften, dann in einem kleinen Raum warten, der in seiner Kargheit an eine Haftzelle erinnert. Ein BMI-Sprecher holt den Besucher ab, er hat sich bereit erklärt, mit dem Tagesspiegel-Kollegen essen zu gehen, der wissen will, wie der ganz normale Alltag im Regierungsviertel schmeckt. Der Weg zur Kantine führt durch den nüchternen Eingangsbereich und die volle Cafeteria. Zwischen 12 und 13 Uhr ist hier Hauptessenszeit, deutsche Beamte essen wohl eher pünktlich.

Im Selbstbedienungsbereich wartet ein frisch aussehendes Salatbuffet, dazu eingelegte Gemüse und ein günstiges Eintopfgericht, heute ein "Karotten-Zwiebeltopf mit Kartoffelwürfeln und Schweinefleischklößchen" für 2,60 Euro. In drei Bereichen werden die Hauptspeisen ausgegeben: Als vegetarisches Gericht gibt es Ravioli mit Spinatfüllung, „geschwenkt in einer tomatisierten Sauerampfersauce“ (3,20 Euro). Im Bereich Hausmannskost sind "Hähnchen-Nuggets mit Hausmacher Cocktailsauce, dazu Pommes frites" für 3,60 Euro im Angebot. Und an der "Aktionstheke Frontcooking" verspricht die Speisekarte „verschieden belegte“ Pizzen. „Das ist mit Sicherheit einer der Renner im Haus“, sagt der Begleiter. Aber eben auch keine kulinarische Herausforderung.

Das Essen selbst ist, passend zum Hausherrn, wenig aufregend. Die Hähnchen- Nuggets mit Pommes wären ein Erfolg auf jedem Kindergeburtstag, immerhin: Der Krautsalat mit Vinaigrette schmeckt schön würzig. Die Ravioli erweisen sich als angenehm bissfest, die "tomatisierte Sauerampfersauce" allerdings erweckt Erinnerungen an Miracoli. Nicht schlecht, könnte man das geschmackliche Ergebnis zusammenfassen, aber auch nicht wirklich sensationell. Pizza wäre vielleicht doch besser gewesen.

Am Ende steht, wie bei so vielem im Leben, das Aufräumen. Über dem Laufband kleben zwei Fotografien, die zeigen, wie man sein Geschirr „klug gemacht“ auf dem Tablett anordnet: Besteck neben den Teller legen, Tassen und Gläser aufrecht daneben, Servietten in den Abfall. Zwei weitere Bilder zeigen Chaos auf dem Tablett: "Völlig daneben", steht drunter. Auch im BMI herrscht also manchmal anarchischer Kantinenalltag. Anscheinend sind deutsche Beamte doch nicht so ordentlich, wie unsereiner denkt.

KANTINE IM BUNDESINNENMINISTERIUM

Alt-Moabit 140, 10557 Berlin-Mitte

Öffnungszeiten
Mo.–Fr.: ab 7 Uhr.

Mittagsangebot gilt von 11–14 Uhr.

GESCHMACK: 3 von 5 Sternen
Handwerklich gut zubereitete Gerichte, eher deftige Karte mit Tendenz zur Hausmannskost, eine gute Salatauswahl sowie ein tägliches vegetarisches Gericht.

ATMOSPHÄRE: 3 von 5 Sternen
Schlichte Einrichtung, freundliche Mitarbeiter. Ein durchdachter Servicebereich sorgt für schnelle Abfertigung, auch in Stoßzeiten. An der "Aktionstheke" wird frisch zubereitet, da kann es auch mal länger dauern.

POLITIKERDICHTE: 3 von 5 Sternen
Auch Hausherr Thomas de Maizière isst gelegentlich in der Mitarbeiter-Kantine.

PREIS-LEISTUNGS-VERHÄLTNIS: 4 von 5 Sternen
Günstige Eintopfgerichte findet man bereits ab 2,60 Euro, Salate schlagen mit 90 Cent pro 100 Gramm zu Buche, die Hauptgerichte mit Fisch oder Fleisch kosten maximal 5,70 Euro.

Alle getesteten Kantinen finden Sie unter: www.tagesspiegel.de/Agenda

Der Text erschien in der "Agenda" vom 31. Mai 2016, einer Publikation des Tagesspiegels, die jeden Dienstag erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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