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Das Bundesministerium der Finanzen im Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin-Mitte.

© imago/Hohlfeld

Kantine im Finanzministerium: Kalorien zählen im Finanzressort

An geschichtsträchtigem Ort: Zu Gast in der Kantine des Bundesfinanzministeriums. Teil 9 der Serie.

In der Niederkirchner Straße vor dem Bundesfinanzministerium (BMF) steht eines der letzten erhaltenen Mauer-Stücke. Italienische Touristen lauschen gebannt, als ihr Guide von einer spektakulären Flucht erzählt: Vom Dach des damaligen Hauses der Ministerien entkam im Juli 1965 eine dreiköpfige Leipziger Familie mit einer Seilbahnkonstruktion nach West-Berlin.

Das riesige Verwaltungsareal ist ein geschichtsträchtiger Ort. Von 1935 bis 1936 wurde hier das Reichsluftfahrtministerium erbaut, der Komplex mit mehr als 2000 Büros repräsentierte die Machtzentrale von Hermann Göring. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahmen die Sowjets das Verwaltungsgebäude. 1949 wurde die erste provisorische Volkskammer gegründet; vor dem Haus der Ministerien demonstrierten die DDR-Arbeiter am 17. Juni 1953, bevor ihr Aufstand blutig niedergeschlagen wurde, und hier verkündete Walter Ulbricht 1961: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.“ Nach 1989 zog die Treuhandanstalt ein; nach ihrem zweiten Präsidenten Detlev Rohwedder ist das Haus heute benannt. Seit dem Hauptstadtumzug werden auf den 112.000 Quadratmetern die Geschäfte des BMF erledigt. Der Eingang an der Wilhelmstraße mit den hohen Gittern und Säulen wirkt bis heute einschüchternd, drinnen wurde durch den Umbau aber Licht und Luft ins Gebäude gebracht.

Die kulinarische Versorgung übernimmt der Potsdamer Gastro-Dienstleister Widynski & Roick, der auch die Kantine im Arbeitsministerium betreibt. Der Ausgabebereich ist typisch für Verwaltungskantinen: In der Mitte Selbstbedienungsinseln mit einer vorbildlich großen Auswahl an frischen Salaten, eingelegten Gemüsen und geschnittenem Obst, dazu ein Stand mit der Tagessuppe (1,30 Euro) und diversen Eintöpfen. Die sechs verschiedenen Hauptgerichte werden an separaten Ausgabetresen abgeholt, das erspart Gedränge. Täglich gibt es auch vegetarische Gerichte, etwa „Spinatknödel mit Meerrettich-Créme-fraîche“ oder „Rosenkohl-Fondue mit Bergkäse“.

Zu jedem Gericht werden die Energiewerte angegeben und mit einer Ampelsymbolik farblich markiert. Kalorienarmes ist grün, schwere Kost rot gekennzeichnet. So wie die Currywurst, die zu den Rennern zählt. Zur Kategorie „Leicht und durchaus lecker“ mit 370 Kalorien gehört zum Beispiel das „Welsfilet gedünstet“ in Schnittlauchsauce, dazu gibt es Salzkartoffeln und Gurkensalat (3,10 Euro). Gut schmeckt auch die „Hähnchenbrust natur mit Mango-Barbecuesoße“ (5,40), das Fleisch noch leicht bissfest, das Wokgemüse knackig mit leichten Raucharomen. Auch das Boeuf Stroganow ist gelungen, die Rahmsauce würzig, nur die Spätzle erweisen sich als zu weich, ein typisches Kantinenproblem. Dafür entschädigt die Nachspeise, eine feine Zitronen-Joghurtmousse.

KANTINE IM FINANZMINISTERIUM

Nur mit Besucherausweis zugänglich.

Öffnungszeiten
Die Cafeteria ist Mo.-Do. von 7 bis 17 Uhr, Fr. von 7 bis 15 Uhr geöffnet.

Mittagsangebot: Mo. bis Fr. von 11.30 bis 14 Uhr.

Ab 14 Uhr Imbiss-Angebot.

GESCHMACK: 4 von 5 Sternen
Klassische Kantinenkost mit viel Abwechslung, gutes vegetarisches Angebot, dazu eine Auswahl an Gemüse und Obst.

ATMOSPHÄRE: 4 von 5 Sternen
Eine lichtdurchflutete Halle, nicht schick, zweckmäßig eingerichtet, etwas laut.

POLITIKERDICHTE: 4 von 5 Sternen
Eine demokratische Kantine: Neben Beamten mit Anzug und Krawatte sitzen die Handwerker und die technischen Mitarbeiter des Hauses in Arbeitskleidung, auch die Staatssekretäre essen hier.

PREIS-LEISTUNGS-VERHÄLTNIS: 5 von 5 Sternen
Suppen schon für 1,30 Euro, Kleine Hauptgerichte ab 2,50 Euro, Gänge mit Fisch oder Fleisch kosten maximal 5,40 Euro.

Der Text erschien in der "Agenda" vom 28. März 2017 - einer Publikation des Tagesspiegels, die jeden Dienstag erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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