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Hillary Clinton am 11. September in New York.

© AFP

Spitzenkandidaten: Gesundheit ist ein Tabu – noch

Der Umgang mit dem Thema Gesundheit von Spitzenkandidaten in den USA ist einmalig, Was, wenn dieser Stil auch in die deutsche Politik dringt? Wie es um unsere Spitzenkandidaten steht, wissen nur die wenigsten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn das mal nicht stilbildend auch für die deutsche Politik wird: der Umgang mit dem Thema Gesundheit von Spitzenkandidaten. Schauen wir uns an, was gerade in den USA passiert. Hillary Clinton musste geschwächt die Gedenkveranstaltung zu 9/11 vorzeitig verlassen, später wurde mitgeteilt, sie leide an einer Lungenentzündung. Und Donald Trump wünscht ihr gute Besserung, aber nicht ohne vergiftete Sätze: „Irgendwas geht vor sich – ich hoffe, dass sie bald wieder auf den Beinen und zurück im Rennen ist. Natürlich ist das Ganze ein Problem.“ Richtig, das ist ein Problem. Oder genauer, es kann zu einem werden, wenn es nicht ganz offen behandelt wird.

Aber was wissen wir hier außer vom Hörensagen schon vom Gesundheitszustand der Menschen, die Deutschland regieren wollen? Wie es der Kanzlerin nach all den Jahren im Amt geht, nach dieser Beanspruchung, von morgens in aller Frühe bis in die Nacht. So viel Streuselkuchen kann Angela Merkel gar nicht zur Entspannung backen. Oder in den Bergen herumstapfen. Sigmar Gabriel: Der Vizekanzler spielt gerne Tennis, besonders bei seinem Freund Klaus Hofsäß in Marbella, nur so oft kommt er da ja nun auch nicht hin, dass er seine Ausdauer anhaltend trainieren könnte. Vielleicht noch im Garten werkeln oder mit Töchterchen Marie zum Spielplatz toben. Wie es um ihrer beider Gesundheit wirklich steht – ein Bulletin gibt es dazu nicht.

Die Wirkung nicht verfehlt

In den USA geht es gar nicht ohne. Da muss der Bewerber seine Fitness in jeder Hinsicht nachweisen, unaufgefordert gewissermaßen, alles andere weckt Skepsis und Verdacht. Das wird übel genommen und vom politischen Gegner sogleich zum Angriff genutzt. Gesundheit – und Charakter. Das sind die Angriffspunkte. Ein gefährlicher Meister des „Character Attack“ à la Trump koppelt sein Gegenüber mit abwertenden Eindrücken: „Lyin’ Ted“ Cruz, „Little Marco“ Rubio, „Low Energy Jeb“ Bush, „Crooked Hillary“ Clinton – lügnerisch, betrügerisch, antriebsarm, zu jungenhaft, das alles bleibt haften. In den USA. Und verfehlt dort seine Wirkung auch nicht, wie man an den Umfragen sieht.

Hierzulande ist es noch nicht so weit. Zu persönliche Attacken untereinander werden nicht gemocht, sondern umgekehrt, sie fallen auf den, der angreift, zurück. So verhält es sich auch beim Thema Gesundheit. Es kann aber sein, dass der Fall Hillary derart groß wird, dass die Gegner der deutschen Hillary, Angie, deshalb ihren Stil verändern.

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