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In der Ukraine sind 40 Deutsche als Beobachter für die OSZE im Einsatz.

© picture alliance / dpa

Tag des Peacekeepers: Ehrung für zivile Friedenskämpfer

Deutschland schickt auch Zivilisten in Kriegsgebiete. Eine Agentur sucht das passende Personal. Am Mittwoch, dem Tag des Peacekeepers, werden einige von ihnen ausgezeichnet.

Wenn über Deutschlands Beteiligung an Friedensmissionen debattiert wird, geht es meist um Soldaten, um Tornados oder Marineschiffe. Dass Deutschland auch Zivilisten in Friedenseinsätze schickt, wissen nur wenige. Dass die Bundesregierung sogar eine eigene Agentur für zivile Peacekeeper betreibt, wohl noch weniger. Dabei gibt es das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) schon seit 14 Jahren. An diesem Mittwoch werden im Auswärtigen Amt drei zivile Friedenskräfte geehrt, gemeinsam mit drei Soldaten und drei Polizisten, die ebenfalls in Krisenländern im Einsatz waren. Eva-Maria Velickovic ist eine der geehrten Zivilisten. Die 38-Jährige arbeitet seit zwei Jahren in der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine. Mit 40 entsandten Kräften ist die Mission der größte Einsatz für das ZIF. Da Deutschland derzeit den OSZE-Vorsitz innehat, wird sie in Berlin zudem genau beobachtet.

Eva-Maria Velickovic fasst in Mariupol für die OSZE-Mitgliedstaaten zusammen, was ihre Kollegen auf Patrouille beobachten: Kampfhandlungen, Waffentransporte, die Lebensumstände in den Dörfern im Krisengebiet. Verhindern können die Beobachter Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens freilich nicht. „Dennoch ist unser Einsatz wichtig, denn wir sind die einzige neutrale Instanz und können mit unseren Erkenntnissen zu einer friedlichen Lösung beitragen.“ Die Politikwissenschaftlerin gehört zu den Topexperten in der Datenbank des ZIF. In ihrem Lebenslauf stehen Einsätze für die EU, die UN und die OSZE im Kosovo, in Serbien und in Afghanistan.

Insgesamt sind rund 1500 Experten beim ZIF registriert. Viele haben sich wie Eva-Maria Velickovic schon im Studium auf internationale Themen spezialisiert und ziehen seither von einem Krisenland zum nächsten. Andere stellen sich erst nach dem Ende ihrer beruflichen Karriere in Deutschland für Friedenseinsätze zur Verfügung. Das ZIF fungiert dabei als eine Art Vermittlungsagentur. Wenn Deutschland Kräfte in Missionen etwa der EU oder OSZE entsenden will, sucht das ZIF nach passenden Kandidaten. Auch Wahlbeobachter werden vermittelt. Das Zentrum bietet außerdem Schulungen für Peacekeeper an und erstellt Analysen zur Lage in Krisenländern. Entstanden ist es, als nach den Balkankriegen klar wurde, dass sich die EU und auch Deutschland international stärker engagieren müssen – und zwar nicht nur militärisch. „Damals musste Deutschland ad hoc Personal für eine OSZE-Überwachungsmission im Kosovo stellen“, erklärt ZIF-Direktorin Almut Wieland-Karimi. Die Gründungsinitiative ging 2002 schließlich vom Auswärtigen Amt unter Joschka Fischer und dem Bundestag aus.

Gesucht wird der Umweltexperte mit exotischen Sprachkenntnissen

Zivile Peacekeeper überwachen Friedensabkommen, schlichten Konflikte, beraten Krisenstaaten beim Aufbau staatlicher Institutionen oder der Formulierung einer Verfassung. „Die Anforderungen werden immer spezieller“, sagt Wieland- Karimi. „Früher gingen vor allem Politikwissenschaftler in Auslandsmissionen, heute wird gezielt ein Umweltexperte mit Russischkenntnissen oder ein Verwaltungsexperte mit Arabischkenntnissen gesucht.“ Gefragt seien heute auch Ingenieure und Logistiker. Die ZIF-Direktorin will künftig Unternehmen dafür gewinnen, Mitarbeiter für Friedenseinsätze freizustellen. „Von den Erfahrungen, die jemand aus der Arbeit in einem interkulturellen Umfeld mitbringt, kann schließlich auch das Unternehmen profitieren.“ Wer in einer Krisensituation bestehe, den werfe außerdem so schnell nichts mehr aus der Bahn. Doch nicht in jedem Ingenieur, Juristen oder Wissenschaftler steckt auch ein Peacekeeper. Die Einsätze sind nicht selten lebensgefährlich. Drei Experten sind seit der Gründung des ZIF im Einsatz ums Leben gekommen. Eva-Maria Velickovic musste in Afghanistan 13 Stunden in einem Bunker ausharren, weil das Gelände der EU-Polizeimission, für die sie bis 2013 tätig war, angegriffen wurde.

Christian Burckhardt, der ebenfalls am Mittwoch geehrt wird, erlebte in der Demokratischen Republik Kongo Unruhen mit vielen Toten. Seit dreieinhalb Jahren arbeitet er in der Hauptstadt Kinshasa im Hauptquartier der größten UN-Friedensmission weltweit. „Kinshasa ist aber nicht der gefährlichste Ort im Angebot der UN“, sagt der 36-Jährige. Irgendjemand müsse diese Arbeit zudem machen. Als Assistent des Direktors der politischen Abteilung der Mission „Monusco“ bereitet Burckhardt Berichte für den UN-Generalsekretär vor. „Das ist die Grundlage, auf der in New York Entscheidungen zur Zukunft der Mission getroffen werden.“ Einen Job in Deutschland kann er sich nur schwer vorstellen. „Ich finde es spannender, internationale Politik in der Praxis zu erleben, als an der Uni darüber zu forschen.“

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