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Ohne Respekt. Auch körperlich überlegenen Spielern enteilt der junge Schröder.

© picture alliance / dpa

Dennis Schröder: Athlet und Aushilfsfriseur

Der 19-jährige Dennis Schröder ist das größte Spielmachertalent Deutschlands – mit den Phantoms Braunschweig gastiert der Basketballer bei Alba Berlin.

Man muss sich das einmal vorstellen: Eine Mannschaft hat sieben der ersten neun Ligaspiele verloren, tritt bei einem Klub namens Bayern München an und ein 19-Jähriger im zweiten Profijahr sagt zu seinem Trainer: „Versuch es doch mal mit mir in der Startaufstellung.“ Und man stelle sich vor, der Coach hört auf ihn, sein Team gewinnt und der junge Basketballer ist dabei bester Rebounder und Vorlagengeber sowie drittbester Werfer.

Es sind Situationen wie diese, die am meisten über Dennis Schröder aussagen. Das aktuell größte deutsche Spielmachertalent hat Selbstbewusstsein ohne Ende, vor nichts Angst – und er wird besser, je schwieriger die Aufgabe wird. Mit ihm als Starter gewann Braunschweig zunächst vier von fünf Spielen. Das lässt nichts Gutes verheißen für Alba Berlin, wenn die Phantoms am Sonntag zu Gast sind (17 Uhr, Arena am Ostbahnhof). „Die Berliner haben viele gute Deutsche, da will ich zeigen, dass ich nicht schlechter bin“, sagt Schröder über seine Extra-Motivation. Speziell Heiko Schaffartzik, für ihn der beste deutsche Aufbauspieler, will Schröder das Leben schwer machen. Die Chancen stehen nicht schlecht: Mit 12,1 Punkten im Schnitt ist Schröder bereits der zweitbeste deutsche Scorer der Bundesliga. Dazu ist er mit seinen langen Armen ein bissiger Verteidiger und hatte zuletzt öfter in den entscheidenden Spielsituationen den Ball in den großen Händen. Ungewöhnlich für einen Deutschen in der Liga, erst recht mit 19. Kein Wunder, dass sich Klubs von der Bundesliga bis in die nordamerikanische Profiliga NBA Gedanken über ihn machen, auch Alba Berlin.

Dabei sieht Schröder von Weitem mit seinen 71 Kilogramm, verteilt auf 1,86 Meter Körpergröße, noch aus wie ein dürrer Junge, dem man fast wünscht, dass er sich unter den großen Männern nicht wehtut. Aber wenn man sieht, mit welcher Geschwindigkeit und Wendigkeit er sich bewegt, wünscht man eher den großen Männern, dass sie sich nicht wehtun beim Versuch, Schröder einzufangen.

„Man kann ruhig dünn sein, wenn man schnell ist“, sagt der U-20-Nationalspieler, „ich spiele anders als andere Deutsche, eher athletischer, wie ein Ami.“ Sein Bewegungstalent stellte er schon früh beim Skateboardfahren im Prinzenpark in Braunschweig zur Schau. In den Pausen spielten die Kinder auf einen Korb, mit elf Jahren sah ihn ein Phantoms-Nachwuchstrainer dort und überredete ihn zum Basketball. Doch erst, als sein Vater vor drei Jahren an einem Herzstillstand starb, nahm Schröder den Sport ernster, um wie versprochen Profi zu werden. Dennoch hilft er ab und an aus, im Friseursalon seiner Mutter, die aus Gambia nach Deutschland kam. „Einen Männer- oder Irokesenhaarschnitt bekomme ich schon hin“, sagt er.

Mit 19 Jahren trägt er ein Bundesligateam und eine Großfamilie auf den schmächtigen Schultern mit. Dabei helfen ihm das Selbstbewusstsein und die Furchtlosigkeit, die aber manchmal noch zum Bumerang werden. Bei einem U-18-Turnier wurde er einmal nach Hause geschickt, weil er abfällig gegenüber weniger talentierten Mitspielern gewesen sein soll, in seiner ersten Profi-Saison wurde er suspendiert, sein damaliger Trainer Sebastian Machowski sagte, er hoffe, Schröder schaffe es, „seine Persönlichkeit in Einklang mit seinem Potenzial zu bringen“. Mittlerweile hat Kostas Flevarakis als Coach übernommen, der Grieche spricht täglich mit Schröder und gesteht ihm noch Leichtsinnsfehler zu. Er habe sich weiterentwickelt, sagt Schröder, auch in seinem Verhalten. Sein Vertrag in Braunschweig läuft noch anderthalb Jahre. „Nach der Saison sehen wir weiter“, sagt Schröder, dessen Traum die NBA ist.

Braunschweig hat Erfahrungen mit abwanderungswilligen Talenten gemacht, U-20-Nationalspieler Daniel Theis wechselte trotz Vertrages im vergangenen Sommer ohne Ablöse nach Ulm, man sieht sich demnächst vor dem Arbeitsgericht wieder.

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